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Cannabis und Fahreignung

Sind Sie bereit zu einem Parforceritt der ganz eigenen Art? Dann gönnen Sie sich die Lektüre dieser Webseite. Sie erfahren auf ihr alles Wesentliche zur heutigen Einschätzung der Fahreignung bei Cannabis. Lassen Sie sich vom Umfang der Seite und den bisweilen technischen Argumenten nicht abschrecken. Sie werden belohnt mit einem tieferen Verständnis der Materie und Sie werden Wege und Möglichkeit erkennen, die Ihnen an anderer Stelle nicht leicht nahegebracht werden. Sie werden erfahren, wie Sie sich im Falle eines drohenden Führerscheinentzugs am besten verhalten sollten und wie Sie Ihre Chance optimieren, eine MPU zu bestehen.

Da sich in der juristischen und behördlichen Beurteilung des Cannabis beständig Veränderungen ergeben können und auch die Institute der Fahreignung eigene, davon durchaus abweichende Vorstellungen durchsetzen, ist es ratsam, parallel zu dieser Lektüre zeitig Kontakt mit einem kompetenten Verkehrspsychologen, in Einzelfällen auch einem Fachanwalt aufzunehmen. Nur so können Sie sicherstellen, den aktuellsten, auf Ihren Einzelfall abgestimmten Weg nicht zu verfehlen.

Tauchen wir also ein in die ganz besondere Welt der Fahreignung unter dem Einfluss von Cannabis und beginnen wir mit der Frage, welche Rolle die Häufigkeit des Konsums dieser Droge bei der juristischen und behördlichen Beurteilung spielt.

1. Regelmäßiger Cannabiskonsum

Für den Juristen ausschlaggebend ist die Frage, ob Sie regelmäßig oder nur gelegentlich Cannabis konsumiert haben. Unter Regelmäßigkeit versteht man in Bayern nun die „tägliche oder nahezu tägliche“ Einnahme dieser Substanz. Der Konsum von viermal, ja sogar fünfmal pro Woche begründet noch keine Regelmäßigkeit. Vergleichsweise unerheblich ist demgegenüber der Zeitraum des Konsums, d.h. vier bis fünf Monate nachgewiesenen, praktisch täglichen Konsums genügen, in der gedanklichen Schublade der Regelmäßigkeit zu landen bzw. Ihnen die entscheidende Etikette der Regelmäßigkeit zu verpassen.

Natürlich kann ein Sachbearbeiter bei seiner Entscheidung nicht willkürlich handeln, wird diese also begründen müssen, wozu ein fachärztliches Gutachten, eigene Angaben des Betroffenen oder toxikologische Erkenntnisse hinreichen. Auf der Webseite zu den Medizinischen Abstinenzbelegen finden Sie wichtige Detailinformationen dazu, wobei uns hier vor allem der THC-Carbonsäurewert interessiert. Während nämlich der reine THC-Wert in den Blick nimmt, wie stark Sie zum Zeitpunkt der Fahrt berauscht waren, lässt der THC-Carbonsäurewert einen Rückschluss darauf zu, wie häufig Sie Cannabis in der Vergangenheit genommen haben, wobei dieser Wert davon abhängt, wie viel Zeit zwischen dem Konsum des letzten Joints und der Blutabnahme vergangen ist. Nicht nur das reine THC, auch die THC-Carbonsäure wird vom Körper kontinuierlich ausgeschieden, was bei der Beurteilung berücksichtigt werden muss.

Nachdem Fachleute sich bis zuletzt nicht einig waren, wie genau die THC-Carbonsäure zu deuten ist, hat die behördliche Praxis schließlich eine recht großzügige Lösung gefunden. Regelmäßiger Konsum von Cannabis gilt als nachgewiesen, wenn bei der in Bayern üblichen zeitnahen Blutabnahme 150ng/ml erreicht werden, bei zeitversetzter Bestimmung, welche andere Bundesländer kennzeichnet, hingegen 75 ng/ml.

Ist die Regelmäßigkeit bewiesen, dann sind die weiteren Schritte der Behörde vorgegeben. Ihr Sachbearbeiter wird die Fahrerlaubnis sofort entziehen, selbst wenn inzwischen Abstinenzbelege geltend gemacht werden. Er wird verlangen, dass Sie eine einjährige Drogenabstinenz nachweisen, wozu Sie sechs Zufallsscreenings (Urinkontrollen) oder zwei Haaranalysen (zu je 6cm) benötigen (s. Webseite zu den Medizinischen Nachweisen im Drogenfall). Und er wird, nachdem Sie diese Belege beigebracht haben, eine MPU anordnen.

2. Gelegentlicher Cannabiskonsum

Um die Sachlage nicht zu einfach zu gestalten, hat sich der Gesetzgeber bei nicht regelmäßigem Konsum eine Regelung einfallen lassen, die allen Beteiligten Sorgenfalten auf die Stirne schreibt, doch lassen Sie mich den aktuellen Wissensstand mitteilen.

Gelegentlicher Cannabiskonsum ist in den Augen des Juristen dann gegeben, wenn Sie mindestens zweimal in Ihrem Leben „zeitnah“ Haschisch oder Marihuana zu sich genommen haben. Die beiden Konsumhandlungen müssen also in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang stehen. Es wird Sie wenig überraschen zu erfahren, dass diese Definition unscharf blieb, d.h. sich keine einheitliche gerichtliche Beurteilung ergeben hat.

Eine frühere Auffassung, dass der zweimalige Konsum innerhalb eines Jahres liegen muss, ist heute überholt. Ein späteres Urteil hat auch bei einem zeitlichen Abstand von fünf Jahren die „Gelegentlichkeit“ bestätigt. Erforderlich geworden war diese Definition, da man das einmalige, versuchsweise Probieren aus der Eignungsbetrachtung herausnehmen wollte, d.h. diejenigen Personen belohnen wollte, die nach dem fraglichen Experiment sogleich den Pfad der Tugend beschritten.

Mein Eindruck ist, dass bis zu einem Tilgungszeitraum von 5 Jahren, welcher für die Ordnungswidrigkeit einer Drogenfahrt (StVG §24a) gilt, falls die Fahrerlaubnis nicht entzogen wurde, was den Normalfall darstellt, ein zeitnaher Konsum angenommen wird, doch wäre es auch hier unbedingt ratsam Erkundigungen einzuholen, wie die Behörde im Einzelfall entscheidet.

Auch die aktuellere höchstrichterliche Rechtsprechung lässt Sie in dieser Sache im wesentlichen im Stich bzw. zieht sich gekonnt aus der Affäre. So spricht man einmal davon, dass „ein Zeitablauf von mehreren Jahren zwischen zwei Rauschgifteinnahmen eine Zäsur bilden kann, die bei der fahrerlaubnisrechtlichen Einordnung des Konsums einen Rückgriff auf den früheren Vorgang verbietet“, relativiert aber bereits im Nachsatz diese Einschätzung: „Ob eine solche relevante Zäsur zwischen den einzelnen Konsumakten anzunehmen ist, ist nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Die schematische Festlegung von Zeiträumen verbietet sich …“ (Bundesverwaltungsgericht 2014 – 3 C 3.13).

a) Zusatztatsachen und „Unvermögen des Trennens von Konsum und Fahren“

Nun kann aber der gelegentliche Cannabiskonsum, selbst wenn er nachgewiesen ist, für sich alleine betrachtet keine Zweifel an der Fahreignung hervorrufen, d.h. der Führerscheinstelle sind die Hände noch gebunden. Erst, wenn weitere belastende Momente, die sogenannten „Zusatztatsachen“, hinzukommen, steht die Anordnung einer MPU zur Diskussion. Als Zusatztatsachen gelten zum einen der gleichzeitige Konsum von Alkohol und natürlich anderer Drogen, das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung, das Auftreten von Kontrollverlusten und „die Verkehrsteilnahme unter akutem, fahreignungsrelevanten Cannabiseinfluss“. Man behauptet in diesem letztgenannten Fall, dass Sie nicht in der Lage sind, Konsum und Fahren zu trennen und stellt daher Ihre Fahreignung in Frage. Kurz: wenn Sie gelegentlich Cannabis zu sich genommen haben und man zudem bei Ihnen mittels einer Blutprobe aktives THC zum Zeitpunkt der Fahrt nachweist, wird es eng. Alles hängt jetzt von einer Reihe von Umständen ab, die ich Ihnen im folgenden vorstellen möchte.

b) die Höhe des gemessenen THC-Wertes

Zunächst wollen wir uns ansehen, ab welchem Grenzwert eine rechtswidrige Fahrt unter Cannabis bzw. ein fehlendes Trennen von Kiffen und Fahren gegeben sind und wie die Behörde in Abhängigkeit von der Höhe des gemessenen Wertes zu reagieren hatte. Während bei einem aktiven THC-Wert von weniger als 1ng/ml nach ständiger Rechtsprechung keine Verkehrsteilnahme unter Drogeneinfluss vorliegt, gab es jenseits dieser Markierung in der Vergangenheit je nach Bundesland eine eigene Regelung.

So war die überwiegende Mehrzahl der Oberverwaltungsgerichte der Auffassung, dass bereits ab einem im Blutserum festgestellten THC-Wert von 1ng/ml eine Gefahr für die Sicherheit im Straßenverkehr anzunehmen war: man durfte von fehlendem Trennvermögen des Betreffenden ausgehen und eine mangelnde Fahreignung unterstellen. Wurde Ihnen nun als Autofahrer ein entsprechender Befund per Blutprobe entnommen und konnte man Ihnen entweder durch eigene Angaben, durch ein fachärztliches Gutachten oder durch einen markant erhöhten THC-Carbonsäurewert (s. oben und nachstehend) einen mindestens zweimaligen Cannabiskonsum nachweisen, dann galten Sie als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Die Führerscheinstelle entzog die Fahrerlaubnis und ordnete anschließend eine MPU an.

In Bayern erlaubte man sich einen Sonderweg. Bei einem aktiven THC-Wert zwischen 1ng/ml und 2ng/ml verzichtete man auf den unmittelbaren Entzug der Fahrerlaubnis und ordnete zunächst eine MPU an. Erst ab 2ng/ml ging die Fahrerlaubnisbehörde ohne vorherige Einholung eines Fahreignungsgutachtens von fehlendem Trennvermögen des Betroffenen aus und übernahm das Vorgehen der anderen Bundesländer, d.h. entzog sofort die Fahrerlaubnis, worauf die MPU folgte.

Dieser Sonderweg schien aber zuletzt einer einheitlichen Rechtsauffassung zu weichen. Ein Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2014 (3 C 3.13) stellte fest, dass ab 1ng/ml ein potentieller Gefährdungstatbestand vorlag, d.h. man sah es als möglich an, dass eine cannabisbedingte Beeinträchtigung der Fahreignung nicht auszuschließen war. Dies bedeutete, dass ab diesem Grenzwert der Tatbestand eines fehlenden Trennens von Kiffen und Fahren bzw. einer Drogenfahrt erfüllt war. Einen Sicherheitszuschlag lehnte das Bundesverwaltungsgericht ab. Auch die spätere Empfehlung der Grenzwertkommission, den kritischen THC-Wert auf 3ng/ml anzuheben, griff der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wiederholt nicht auf, da auch unterhalb dieses Wertes die Möglichkeit einer Gefährdung nicht ausgeschlossen sei.

Damit schien die Rechtslage klar. Ab einem im Blutserum gemessenen THC-Wert von 1ng/ml lag in allen Fällen eine Drogenfahrt vor. Die Behörde durfte Zweifel an der Fahreignung anmelden und aufgrund der nachgewiesenen fehlenden Trennung sowie des mindestens zweimaligen Konsums von fehlender Eignung ausgehen, d.h. die Fahrerlaubnis entziehen. Eine MPU wurde angeordnet. Erst nach einem positiven Gutachten war die Fahreignung wiederhergestellt.

c) Behördliche Zweifel und die Frage der Fahreignung ab 2017

α. Die juristische Sichtweise

Dieser klare Sachverhalt kam nun 2017 durch ein wegweisendes Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (11 BV 17.33) unter die Räder. Folgeurteile dieser Instanz sowie eine Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtshofs 2019 (3 C 13/17) bestätigten das aktuelle Rechtsverständnis und ebneten den Weg für eine einheitliche juristische Auslegung der Eignungsfrage. Gleichwohl ergaben sich unterschiedliche behördliche Vorgehensweisen. Auch die MPU-Institute begegneten der Hausforderung auf je eigene Weise, so dass Turbulenzen entstanden, die bis heute nicht gelöst sind. Mit ihnen wollen wir uns später befassen.

Wenden wir uns zunächst jenem innovativen Urteil aus dem Jahr 2017 zu, welches – wie oben bereits angedeutet – die gesamte Frage der Fahreignung revolutionierte und den heutigen Sachstand vorbereitet hat.

Die Fahrerlaubnisbehörde Starnberg hatte einem Kiffer, der mit 3,7 ng/ml aktivem THC im Straßenverkehr aufgefallen war, nach einer Anhörung die Fahrerlaubnis entzogen und eine MPU angeordnet, d.h. den damals üblichen Verwaltungsweg beschritten. Die Klage des Betroffenen ging durch die Instanzen und wurde im April 2017 erstmalig zu seinen Gunsten entschieden. Die Führerscheinstelle war – so urteilte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof – zwar legitimiert gewesen, Eignungszweifel anzumelden, nicht aber, sofort die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Wie eine sorgfältige Betrachtung der Gesetze, der gerichtlichen Historie, der Praxis der Behörden, der Beurteilungskriterien der Gutachter sowie der Wissenschaft ergab, war aus der Tatsache, dass der Genannte Kiffen und Fahren einmal nicht getrennt hatte, nicht abzuleiten, dass er das auch künftig wieder tun würde. Aus Nicht-Trennen folgte nicht zwangsläufig Nicht-Trennen-Können. Die Fahrerlaubnisbehörde muss – so entschied das Gericht – zunächst über eine MPU abklären, ob der Betreffende künftig in der Lage sein wird zu trennen. Erst dann und auch nur, wenn das Gutachten negativ ausfällt, ist die Fahrerlaubnis zu entziehen. Hierbei handelt es sich offensichtlich um eine prognostische Begutachtung künftigen Verhaltens und nicht um eine Beurteilung des vergangenen Fehlers.

Beiläufig erwähnte das Gericht, dass es zum einen bei einer Ordnungswidrigkeit unter Cannabis keine Grenzwerte der relativen oder absoluten Fahruntüchtigkeit ähnlich wie beim Alkohol gäbe; auch sei im Gesetz die Notwendigkeit einer Abstinenz nicht festgeschrieben. Zudem war offensichtlich, dass bei einer rechtlich vergleichbaren Ordnungswidrigkeit unter Alkohol (zwischen 0.5 o/oo und 1.1 o/oo) kein unmittelbarer Entzug der Fahrerlaubnis in Betracht kam. Eine solche Maßnahme sei somit nur in einem nachgewiesenen Einzelfall vertretbar, wie etwa bei einem besonders verantwortungslosen Umgang mit dem Cannabiskonsum, was auch immer darunter zu verstehen war, nicht jedoch bei einem erstmalig im Straßenverkehr auffälligen Kiffer. Denn es sei doch möglich, dass dem Genannten die Ordnungswidrigkeit eine Lehre sei und er deshalb künftig aufpassen werde.

Damit hatte sich die alte behördliche Vorgehensweise erübrigt, denn jetzt war die unmittelbare Entziehung der Fahrerlaubnis nicht mehr möglich. Des weiteren entfiel für bestimmte Varianten die Forderung eines Abstinenznachweises. Zuletzt ging es bei der behördlichen Fragestellung auch nicht mehr um die Frage des Konsumverzichts, sondern um die Frage des Trennens von Kiffen und Fahren, oder anders ausgedrückt: ähnlich wie beim Alkohol durfte der Betreffende im milderen Fall durchaus weiter kiffen, er musste nur glaubhaft machen, dass er dann nicht ins Auto steigen würde.

Wie ich Ihnen jetzt darlegen möchte, führte diese Entscheidung jedoch nicht zu einer Klärung der Sachlage, sondern zu einer Abänderung der behördlichen Vorgehensweise sowie einer Renitenz der Begutachtungsinstitute mit teils fatalen Folgen für die Betroffenen. Sehen wir uns beide Aspekte der Reihe nach an.

β. Das Vorgehen der Fahrerlaubnisbehörden

Die Führerscheinstellen mussten sich schon bald dem neuen Urteil beugen und ordneten jetzt im Falle eines erstmalig im Straßenverkehr aufgefallenen Kiffers eine MPU mit Trennungsfragestellung an. Sie erklärten zudem, dass es aus behördlicher Sicht rein um die Prognose künftigen Verhaltens ging und eine Abstinenz daher (behördlich) nicht erforderlich sei. Zwar ergab sich im Detail zwischen der Stadt München und den sie umgebenden Landratsämtern eine je eigene Vorgehensweise, doch war beiden gemeinsam, dass jetzt das „fahrerlaubnisrechtlich unbedenkliche“ Trennen von Kiffen und Fahren in den Vordergrund geriet, die Möglichkeit einer Abstinenz in den Hintergrund.

Die Betroffenen waren zunächst begeistert. Sofern sie nicht vorab einen Verkehrspsychologen aufgesucht hatten, stellten sie sich nun der zumeist mit Dreimonatsfrist angeordneten MPU, um a) die Sache rasch hinter sich zu bringen und b) dem Gutachter zu zeigen, dass sie artig bereit waren, Kiffen und Fahren zu trennen. Als erfahrene Kiffer hatten sie zudem eine ausreichende Fachkenntnis über die Wirkung der Drogen, d.h. sie trauten sich zu, festzustellen, wann definitiv keine Drogenwirkung mehr vorlag, d.h. eine Teilnahme am Straßenverkehr möglich war.

Sie erfüllten damit auch eine Auflage des Bundesverwaltungsgerichts, welches in jenem oben zitierten Grundsatzurteil 2019 in Anlehnung an die Beurteilungskriterien der Fahreignungsgutachter gefordert hatte, der zur MPU Geladene müsse darlegen, „dass er ein angemessenes Problembewusstsein hinsichtlich seines Cannabiskonsums habe und er muss nachweisen, dass er über das notwendige Wissen über die Wirkungsweise, die Wirkdauer und die damit verbundenen Gefahren von Cannabis verfügt.“

Man hatte freilich die Rechnung ohne den Wirt = die Begutachtungsinstitute gemacht. Sehen wir uns auch hier die Entwicklung an, bevor wir endlich zu dem kommen, was Sie heute tun können und tun sollten. Lesen Sie sich auch die nachstehenden Bemerkungen noch durch, denn so erhalten Sie ein besseres Verständnis für das Denken und die Entscheidungsgründe der Gutachter.

γ. Die Reaktion der Begutachtungsinstitute

Grundsätzlich war und ist die Entscheidung des Gutachters, d.h. des Arztes und Psychologen in einer MPU, an die legendären Beurteilungskriterien gebunden, ein vor Jahren veröffentlichtes Buch, das erst spät, nämlich im Oktober 2022 in neuer Auflage erschien. Natürlich musste der Gutachter auch die Rechtslage in den Blick nehmen, d.h. behördliche oder gerichtliche Auflagen konnten nicht unterminiert werden, wenn sie strenger als die Beurteilungskriterien waren. Jetzt freilich stellte sich heraus, dass sie milder waren und damit fiel den Begutachtungsinstituten unversehens eine Entscheidungsmacht jenseits der Urteile und der behördlichen Maßnahmen zu, mit der niemand bei Gericht gerechnet hatte.

In den Leitlinien war nämlich eine Trennung von Kiffen und Fahren nicht wirklich vorgesehen. Jedenfalls nicht – aber das ergab nur die genaue Betrachtung – für Personen, die öfters oder regelmäßiger kifften, wobei wir sogleich auf diese terminologische Besonderheit eingehen wollen. Nur jemandem, der ausgesprochen selten gekifft hatte, im Idealfall einem Probierer also, mochte man künftig das Trennen von Kiffen und Fahren zumuten. Im Normalfall des häufiger Konsumierenden hingegen war in der Regel eine Abstinenz von 6 Monaten erforderlich, um zu einem positiven Urteil zu gelangen; im schweren Fall des langjährigen, regelmäßigen Konsums über Jahre hinweg mit großer Menge war ein längerer Drogenverzicht, mithin ein Jahr, nachzuweisen.

Hintergrund dieser eigenen Beurteilung des Konsumverhaltens war eine vom Juristischen abweichende Vorstellung der Begriffe „gelegentlich“ und „regelmäßig“ auf Seiten der Ärzte und Psychologen. Regelmäßig definierte man als „mehrfach wöchentlich“ oder „gewohnheitsmäßig“, „gelegentlich“ als einen selteneren Konsum.

In der Praxis wurde dieses Kriterium nun durchaus streng interpretiert. Wer also etwa nicht nur einmal wöchentlich oder wer gewohnheitsmäßig am Wochenende kiffte, fiel der nicht schon unter das Kriterium der Regelmäßigkeit? Und war bei Klienten, die mit Cannabis im Straßenverkehr auffielen, nicht zu unterstellen, dass sie in der Mehrzahl der Fälle ausreichend oft konsumiert hatten, um jenseits der Dunkelziffer in die Hände der Polizei zu geraten?

Wie Sie sehen, wirkte hier das veränderte Kriterium der Gelegentlichkeit (und wie wir sogleich zeigen wollen: Zeitlichkeit) gegen den Klienten. Während der Jurist eine Frequenz von fünfmal die Woche noch als gelegentlichen Konsum gelten ließ, da es sich dabei nicht um „tägliche oder nahezu tägliche“ Einnahme von Cannabis handelte, war bei dem Psychologen und Arzt in der MPU bereits bei einem Konsum ab zweimal die Woche die Gewohnheit oder Regelmäßigkeit gegeben, wobei wir einräumen wollen, dass der Begriff „mehrfach wöchentlich“ ausreichend unscharf ist, um dem Gutachter die Freiheit – oder sollen wir sagen Willkür – einzuräumen, vielleicht erst bei einem weiteren, d.h. dreimaligen Konsum pro Woche das Kriterium als erfüllt zu sehen.

Doch es kam noch schlimmer. Es war erforderlich, dass in der Vergangenheit ausschließlich gelegentlich konsumiert wurde. Damit war potentiell jeder Klient, der irgendwann einmal öfters, d.h. mindestens zweimal pro Woche konsumiert hatte, in der Gruppe jener, die gewohnheitsmäßig = regelmäßig konsumierten und von denen man Abstinenz verlangen durfte. Sie haben mich wohl verstanden. Es ging bei der Regelmäßigkeit nicht darum, dass ein Klient zumeist häufiger konsumierte, d.h. das fragliche Konsummuster überwiegend manifestierte, es genügte – wenn man die Beurteilungskriterien wörtlich nahm – dass er wenigstens einmal im Leben öfters gekifft hatte.

Sie erkennen unschwer, dass in der Praxis der MPU ein solcher Fall dauerhaft seltenen Konsums nicht vorkam, denn den meisten Klienten war ein oszillierendes Rauchen unserer Droge eigen, welches neben Phasen des zurückhaltenderen Konsums oder der Abstinenz auch Phasen des häufigeren Kiffens kannte.

Die Gutachter hatten damit jenseits des juristischen Konstrukts der Gelegentlichkeit und des Trennvermögens ein eigenes Rechtsverständnis etabliert, das strenger als das juristische war. Die Verschiebung der Gelegentlichkeit in die Gewohnheit und das Kriterium der Zeitlichkeit (d.h. Einmaligkeit oder Ausschließlichkeit) vernichteten die Möglichkeit eines Trennens von Kiffen und Fahren und führten die Intention der Gerichte ad absurdum.

Das Ergebnis war eindeutig. Wer nicht jener unwahrscheinlichen Gruppe von Kiffern angehörte, die ausreichend selten und zudem dauerhaft geringe Mengen konsumierten, der musste wenigstens ein halbes Jahr Abstinenz liefern, obwohl die Gerichte und Führerscheinstellen dies nicht verlangt hatten. Kurz: die Vorstellung eines Trennens und Kiffen und Fahren war ein von der Gerichtsbarkeit ausgedachtes Phantom, das in der MPU regelmäßig scheiterte.

Kehren wir jetzt zu Ihren Möglichkeiten, d.h. zur Frage, welche Handlungsoptionen Ihnen noch zur Verfügung stehen und wie Sie sich am besten verhalten sollten.

3. Das Verhalten der Betroffenen – Ihre Möglichkeiten

a. Die Frage der Einmaligkeit des Konsums

Sie wissen, dass für die Anordnung einer MPU ein zweimaliger Konsumvorgang und ein einmaliges Fahren erforderlich sind bzw. Ihnen nachgewiesen werden müssen. Da Sie einmal unter dem Einfluss von Cannabis gefahren sind und offensichtlich auch wenigstens einmal konsumiert haben, können Sie, um der MPU zu entgehen, behaupten, eben nur dieses einzige Mal, nämlich vor der Fahrt, gekifft zu haben.

Für den Fall also, dass Sie keine Aussagen bei Polizei gemacht haben und auch kein früherer Eintrag in der Akte vorhanden ist, könnte es scheinen, dass Sie den Fall gewinnen, da die Fahrerlaubnisbehörde die Beweisführung eines zweimaligen Konsums nicht zustande bringt.

Wichtig wäre hier noch, dass a) ihr behaupteter Konsumvorgang weniger als 6 Stunden vor der Blutabnahme liegen sollte und b) dass kein hoher THC-Carbonsäurewert (THC-COOH) vorliegen darf. Eine legendäre holländische Studie aus dem Jahr 2006 (die sog. Maastricht-Studie), die noch im selben Jahr übersetzt in Deutschland erschien und der alle Gerichte vertrauen, hatte nämlich erbracht, dass bei zwanzig „Gelegenheitskonsumenten“ die Konzentrationen des THC-Werts im Blut „im Verlauf der sechs Stunden mit einer Ausnahme (1,4 ng/ml) alle auf unter 1 ng/ml“ sanken, was vor Gericht gleichbedeutend mit der Feststellung etwa des VGH Bayern 2017 (11 CS 16.2401) war, „dass bei der überwiegenden Zahl der Cannabiskonsumenten THC im Blut relativ schnell abgebaut wird und bereits nach sechs Stunden nur noch THC-Werte zwischen 1 und 2 ng/ml festgestellt werden konnten.“ Wer also nur einmal, wie etwa hier am Delikttag, Cannabis konsumiert hatte, bei dem war diese Droge nach 6 Stunden nicht mehr in relevanter Höhe nachweisbar, genauer: in den meisten Fällen wurde der kritische Grenzwert von 1ng/ml, in praktisch allen Fällen der Grenzwert von 2ng/ml nicht überschritten.

Hinsichtlich der THC-Carbonsäure (THC-COOH) wollen wir den Grenzwert unserer Referenzstudie gerne nachreichen: „Die Konzentrationen von THC-COOH fielen bei der niedrigen Cannabisdosierung nach Maximalwerten von 54 ng/ml nach 6 Stunden auf unter 20 (Mittelwert 7,3) ng/ml. Lediglich in einem Fall lagen sie bei 24 ng/ml.“ Kurz: im Normalfall sollte ein Einmalkonsument zum Zeitpunkt der Blutabnahme, die maximal 6 Stunden nach dem Konsum erfolgen darf, einen THC-Carbonsäurewert von weniger als 20 ng/ml aufweisen. Um nun aber auch für den Fall eines einmalig hohen Cannabiskonsums gerüstet zu sein, hoben die Autoren der Maastricht-Studie den fraglichen Grenzwert für die THC-COOH auf 30 ng/ml an: „Auch bei hoher Dosierung sinkt bei Gelegenheitskonsumenten die Konzentration von THC-Carbonsäure, die als Parameter für den mehr als gelegentlichen Konsum im Fahrerlaubnisrecht eine bedeutende Rolle spielt, im Zeitraum von sechs Stunden nach dem Rauchen auf Werte unter 30 ng/ml.“ (vgl. Möller, Manfred R. et al.: Blutalkohol 2006, Vol. 43: 361-375).

Während also beim aktiven THC die Zeitspanne von 6 Stunden sicherstellte, dass Sie möglicherweise nur einmal konsumiert haben konnten, bot sie im Falle des Carbonsäurewerts die Gewähr, dass kein häufigerer Konsum vorlag. Denn in beiden Fällen war die zeitliche Nähe von Kiffen und Blutabnahme bei niedrigen Werten kompatibel mit einem Einmalkonsum. Da es aber in der Frage der korrekten Interpretation der THC-Carbonsäure ungeachtet des Grenzwerts der Maastricht-Studie einen wissenschaftlichen Dissens gab, d.h. nie sicher geklärt wurde, ab wann häufigerer Konsum mit der nötigen hohen Irrtumswahrscheinlichkeit anzunehmen war und die kritischen Grenzwerte hier bisweilen deutlich höher angesetzt wurden (je nach Nähe von Konsum und Blutabnahme zwischen 75 ng/ml bis 150 ng/ml), trat dieser Parameter bei der Diskussion des einmaligen Konsums in den meisten Fällen in den Hintergrund bzw. war, falls ein moderater Wert gemessen wurde, nicht mehr sicher argumentativ gegen den Betreffenden verwertbar.

Wer somit angab, dass er früher, etwa am Abend zuvor, gekifft hatte, dem war ein zweiter Konsumvorgang nachzuweisen. Wer auf der anderen Seiten keine Angaben bei der Polizei gemacht hatte oder angab, er habe kurz vor der Fahrt gekifft, bei dem war ein solcher Nachweis medizinisch nicht zu führen: die Blutwerte waren hier mit einem einmaligen Konsum kompatibel, falls nicht ein hoher THC-Carbonsäurewert vorlag.

Die Führerscheinstellen gingen und gehen in diesem Fall zwei Wege. Sie ordnen entweder ein ärztliches Gutachten an in der Hoffnung, dass der Betreffende die „richtige“ kritische Konsumangabe doch noch macht oder sie setzen auf ein gerichtliches Urteil, das wir sogleich besprechen wollen.

Nehmen wir den kritischen Fall, dass in jenem ärztlichen Gutachten der Klient eine Haaranalyse und zwei Screenings abliefert, die sämtlich negativ = befundfrei ausfallen, und dass er behauptet, nur einmal gekifft zu haben. Hier mochte die Fahrerlaubnisbehörde in seltenen Fällen, die ich gleichwohl erlebt habe, das Handtuch werfen und den Führerschein aushändigen, um etwa einem anwaltlichen Streit aus dem Weg zu gehen. Oder – und das ist fast immer der Fall – sie nahm den Fehdehandschuh auf und ordnete kurzerhand trotzdem eine MPU an.

Sie konnte sich hier auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Bayern (11 CS 15.2480) aus dem Jahr 2016 berufen, in welchem klargestellt wurde, dass die Wahrscheinlichkeit, nur einmal zu kiffen, kurz danach zu fahren, sodann trotz der geringen Dichte der Verkehrsüberwachung in eine Verkehrskontrolle zu geraten, bei der ein Drogentest veranlasst wird, so gering ist, dass man dennoch – „ohne substanziierte Darlegung des Gegenteils“, die bei Gericht üblicherweise nicht gelingt – von einem häufigeren = mindestens zweimaligen = gelegentlichen Konsum ausgehen darf, womit das Kriterium zur Anordnung einer MPU erfüllt ist.

Welchen Rat kann ich Ihnen geben? Da alle Führerscheinstellen dieses und ähnliche Urteile kennen und Textblöcke zur Beantwortung Ihres Anliegens parat haben, würde ich mir das Geld für einen Anwalt und ein ärztliches Gutachten sparen. Nur, wenn Sie wirklich zu jenem extrem seltenen Fall des Probierers bzw. Einmalkonsumenten gehören, sollten Sie auf Ihrem Recht beharren, da Sie womöglich andere entlastende Argumente geltend machen können, wobei Sie der Parenthese im letzten Absatz entnommen haben, dass die Beweislast bei Ihnen liegt. Falls nicht, investierten Sie das Geld besser in Abstinenzbelege bzw. in eine verkehrspsychologische Beratung. Hier erhalten Sie neben einer Aufklärung der Sachlage sowie einer Einschätzung medizinischer Erfordernisse = notwendiger Abstinenzbelege eine fundierte Vorbereitung auf die Fragen des Psychologen, ohne die Sie eine MPU nicht leicht bestehen können.

b) Das Vorgehen der Fahrerlaubnisbehörde – Die Anhörung und ihre Folgen

Lassen Sie uns jetzt die heutige Vorgehensweise der Fahrerlaubnisbehörde und Ihre Möglichkeiten besprechen. Der Sachbearbeiter der Führerscheinstelle hat also in Ihrem Fall entweder über ein ärztliches Gutachten oder über die Aktenlage oder über das genannte Gerichtsurteil die Gelegentlichkeit (= mindestens Zweimaligkeit) Ihres Konsum festgestellt. Die Drogenfahrt bedeutet eine fehlende Trennung von Kiffen und Fahren, was im Verbund Zweifel an Ihrer Fahreignung begründet.

Die weiteren Schritte hängen nun davon ab, wo Sie wohnen, d.h. es macht für die Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis einen entscheidenden Unterschied, wer Ihren Fall betreut. Zum einen gibt es das Vorgehen der Stadt München, zum anderen das der angrenzenden Landratsämter. Wir wollen beide Ansätze kennenlernen und daraus Möglichkeiten einer strategischen Handlung ableiten.

α. Die Stadt München (KVR)

In München erhalten Sie die sog. Anhörung, d.h. ein Schreiben, in welchem Sie aufgefordert werden anzugeben, wie Sie künftig eine Drogenfahrt vermeiden wollen. Diese Anhörung soll dem prognostischen Element jener zuletzt vom höchsten deutschen Gericht bestätigten neuen Rechtsauffassung Rechnung tragen, d.h. erurieren, ob bei Ihnen eine Trennung von Kiffen und Fahren in Frage kommt oder nicht.

Wollen Sie – so lautet der Text – ein „fahrerlaubnisrechtlich konformes Trennen von Kiffen und Fahren“ geltend machen oder wollen Sie durch Abstinenz Ihre Eignung nachweisen?

Entscheidend ist hier nun, dass Sie nicht das „fahrerlaubnisrechtlich konforme Trennen“ wählen, sondern die Abstinenz. Denn in erstgenanntem Fall wird man mit Dreimonatsfrist eine MPU anordnen, in der Sie – wie oben dargelegt - voraussichtlich scheitern. Falls Sie hingegen Abstinenz geltend machen, gewährt Ihnen – nur die Stadt München – einen Bonus, den Sie sich auf keinen Fall entgehen lassen sollten. Sie dürfen nämlich Ihren Führerschein behalten und erfreuen sich der Gelegenheit, über ein Urinprogramm (6x in einem Jahr) oder Haaranalysen (z.B. 2x 6cm = je 6 Monate) das volle, oft erforderliche (und maximal von der MPU auch nur zu fordernde) eine Jahr Abstinenz zu belegen, um dann mit exzellenten Chancen die Begutachtung zu bestehen. Sie können diese Entscheidung, selbst wenn Sie ursprünglich die falsche Alternative gewählt haben, noch immer bis zu deren Rechtskraft innerhalb eines Monats revidieren, etwa dann, wenn Ihnen der Verkehrspsychologe oder ein findiger Anwalt den entsprechenden Tipp gegeben haben.

In München ist die Sache also einfach und für Sie günstig zu regeln. Sie beenden das Kiffen, sorgen so früh wie möglich für Abstinenzbelege, warten die Anhörung ab und geben in ihr an, mit Abstinenz die Fahreignung nachweisen zu wollen. Sie dürfen Ihren Führerschein behalten, legen nach dreizehn Monaten die MPU ab und sollten dort mit einem positiven Gutachten die Eignungszweifel der Behörde ausräumen, da Sie mit dem Jahresabstinenznachweis und den vernünftigen Antworten, die Ihnen der Verkehrspsychologe beibringt, bestens vorbereitet sind. Sie haben ein Jahr nicht gekifft, Ihr Leben neu geordnet und sind glaubhaft in den Veränderungen.

β. die Landratsämter außerhalb von München

Leider sieht die Sache außerhalb von München weniger rosig aus. Betrachten wir zunächst das Standardvorgehen der Behörde und dann Ihre strategischen Möglichkeiten.

Die Landratsämter deuten die Rechtsanlage anders als die Stadt München. Sie halten sich streng an den Wortlaut des Gerichts. Sie gehen zwar von Eignungszweifeln, nicht aber fehlender Eignung aus und ordnen nach einer rein formalen, d.h. im Grunde bedeutungslosen Anhörung pflichtgemäß sofort eine MPU mit Trennfragestellung und Dreimonatsfrist an. Wer dann kein positives Gutachten vorlegt, dem wird die Fahrerlaubnis entzogen.

In der Praxis kommt es zumeist zu zwei Konstellationen. Falls der Betreffende in der Vergangenheit unregelmäßiger gekifft hat und schon wenigstens 3 Monate vor der MPU-Anordnung abstinent lebt, besteht unter Ausreizung der behördlichen Frist von weiteren 3 Monaten und einer abschließenden Haaranalyse über ein halbes Jahr = 6cm die Möglichkeit, die MPU doch noch zu bestehen. Natürlich sind – wenn dies die Haarlänge nicht hergibt – auch mehrere kürzere, aufeinander folgende Haaranalysen (z.B. 2x 3cm) möglich. Im anderen Fall ist der Verlust des Führerscheins nicht zu vermeiden. Dies hat selbstverständlich nur Aussicht auf Erfolg, wenn in der MPU nicht Trennen von Kiffen und Fahren, sondern Abstinenz geltend gemacht wird.

Sie sehen also, wie wichtig es ist, so früh wie möglich mit der Abstinenz zu beginnen und einen Verkehrspsychologen aufzusuchen, um in der Handhabung der Führerscheinsache keinen Fehler zu begehen. Einen weiteren Grund will ich Ihnen gerne nennen.

Wie Sie unschwer erkennen können, besteht abhängig von Ihrem Wohnort eine unterschiedliche Rechtsauslegung. Während Sie in München bei Angabe einer Abstinenzvermeidungsstrategie ein Kontrollprogramm als Inhaber erhalten, wird außerhalb von München bei analoger Situation das Gutachten angeordnet und nur, wenn Sie bereits abstinent leben und dies belegen können, besteht Aussicht auf Erfolg.

Sie können dieses Dilemma aber auch vorsichtig zu Ihren Gunsten wenden. Niemand hindert Sie daran, Ihren Sachbearbeiter bei der Behörde um Rechtsgleichheit zu bitten, d.h. anzufragen, ob auch in Ihrem Fall unter sofortiger Mitarbeit und Bereitschaft zu einem Kontrollprogramm oder bereits Nachweis von Abstinenz eine Fristverlängerung zur Abgabe des Gutachtens möglich ist. Die Führerscheinstelle müsste dann die oft schon erfolgte MPU-Anordnung nicht zurücknehmen, könnte Sie aber quasi in einen ähnlichen Rechtsstand wie in München setzen bzw. Ihnen als Inhaber Zeit geben, sich auf die Begutachtung vorzubereiten.

Es liegt auf der Hand, dass eine zusätzlich in Aussicht gestellte MPU-Vorbereitung die Entscheidung des Sachbearbeiters weiter zu Ihrem Vorteil beeinflussen kann. Denn letztlich geht es bei all dem um zwei Dinge: um Verkehrssicherheit und um Ihre Rehabilitation. Wenn Sie nicht mehr kiffen und dies sofort belegen, stellen Sie ja per se keine Gefahr mehr im Straßenverkehr dar. Wenn Sie zudem eine Verkehrstherapie durchführen, vertiefen Sie Ihr Verständnis des Geschehenen; auch stabilisiert sich Ihr neues Leben mit all seinen Veränderungen. Der Sachbearbeiter kann sich dann auf Ihre Seite schlagen und im Ermessensweg argumentieren, dass bei Ihnen aufgrund der optimalen Mitarbeit eine Einzelfallentscheidung vertretbar ist, d.h. der weiteren Rehabilitation als Inhaber nichts entgegen steht.

Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass diese Strategie erfolgreich ist, denn der Sachbearbeiter steht ja auch hier vor der Frage der Gleichbehandlung, nämlich der innerhalb des Landratsamts, d.h. er müsste begründen, warum er bei Ihnen von einer Entziehung der Fahrerlaubnis absieht, bei anderen im Straßenverkehr auffälligen Kiffern nicht. Wie Sie gesehen haben, könnte die vorzügliche Mitarbeit einer der Gründe sein.

Und tatsächlich hat in Einzelfällen, über ganz Deutschland verbreitet, dieses Argument Erfolg gehabt, d.h. die Behörde hat nicht nur bei Bewerbern, wo die Fristverlängerung zumeist trivial ist, sondern auch bei Inhabern, wo sie eigentlich nicht vorgesehen ist, einer solchen Verlängerung zugestimmt.

4. Zusammenfassung

Fassen wir zusammen. Nach heutiger Rechtslage und Praxis der Führerscheinstellen wird bei Nachweis eines regelmäßigen Cannabiskonsums die Fahrerlaubnis entzogen und eine MPU angeordnet. Da dieser Nachweis selten zu führen ist, lässt sich nach einem neueren Gerichtsurteil bei einer erstmaligen Drogenfahrt mit einem im Blutserum gemessenen THC-Wert von 1ng/ml oder mehr eine MPU nicht dauerhaft vermeiden, da Ausflüchte wie die Behauptung, nur einmal gekifft zu haben, nicht fruchten.

Man nimmt zumindest einen zweimaligen und damit gelegentlichen Konsum an und schickt Ihnen entweder eine Anhörung, wo Sie nach Abstinenzbehauptung als Inhaber ein ausreichend langes Kontrollprogramm oder nach Trennungsabsicht eine sofortige MPU mit Dreimonatsfrist angeordnet bekommen. Dies ist die Münchner Variante. Oder man schickt Sie – dies wäre die Variante der Landratsämter außerhalb von München – nach einer letztlich irrelevanten Anhörung sofort mit einer Dreimonatsfrist in die MPU.

In jedem Fall ist nur der Abstinenzweg erfolgversprechend, da eine Trennung von Kiffen und Fahren, wie sie das Gericht vorsieht, im allgemeinen in der MPU scheitert. Der frühe Kontakt mit dem Verkehrspsychologen oder in Grenzfällen mit einem Anwalt kann Ihnen helfen, die richtigen Schritte zu tun, Ihre Chancen optimal zu wahren und bisweilen eine Einzelfallentscheidung zu Ihren Gunsten herbeizuführen.

Zögern Sie daher nicht, mich oder einen Kollegen anzurufen. Die Rechtslage ändert sich beständig und mit ihr die Handlungsmöglichkeiten. Denn egal, wie die Sache sich entwickelt, wollen Sie das Gefühl haben, das Bestmögliche getan zu haben. Gerne helfe ich Ihnen dabei, Ihren ganz eigenen Fall zu verstehen und die Behörde zu kontaktieren.

Keinesfalls sollten Sie sich passiv verhalten oder davon überzeugt sein, dass Sie durch Nicht-Handeln auch nichts verderben können. Die Wahrheit ist, dass man Ihnen dann, wenn Sie behördliche Auflagen nicht erfüllen, einen Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht anhängt und den Fall zu Ihren Ungunsten entscheidet.

Um das zu vermeiden, habe ich mir nicht nur die Mühe gemacht, Ihnen den komplexen Sachverhalt einer Cannabisfahrt und ihrer Folgen auf dieser Webseite differenziert darzustellen. Dafür stehe ich Ihnen auf Wunsch auch mit Rat und Tat zur Seite. Gerne können Sie mich anrufen, um eine Einschätzung Ihres ganz eigenen Falls zu erhalten.

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