Lieber Besucher meiner Website,
gerne hätte ich Ihnen auf dieser Seite einen bis ins Detail bewährten, auf längere Zeit gültigen Text zur Verfügung gestellt, der alles Wichtige enthält, was Sie zum Thema Cannabis und Fahreignung wissen möchten. Allein, ich fürchte, ich muss Sie wenigstens in Teilen enttäuschen. Denn einen solchen Text kann ich Ihnen hier und auf absehbare Zeit nicht bieten.
Seit Inkrafttreten des neuen Cannabisgesetzes (CanG) geht es bei Gericht, bei Behörden und bei Begutachtungsinstituten drunter und drüber. Es wird Monate, vielleicht sogar Jahre dauern, bis Rechtssicherheit besteht und alle an Ihrer Rehabilitation Beteiligten wissen, was Sache ist und was sie bzw. Sie zu tun haben.
Ganz ohne Aufklärung will ich Sie aber nicht entlassen. Sie finden auf dieser Webseite den aktuellen Wissensstand, wie ich ihn aus dem Internet, den Informationen des Bundesministeriums für Gesundheit, den Fachverbänden der Verkehrspsychologie, diversen Gerichtsurteilen sowie aus Gesprächen mit Fahrerlaubnisbehörden und Berufskollegen – Berater und MPU-Gutachter gleichermaßen – herausgefiltert habe.
Gehen Sie bitte davon aus, dass die Einschätzung der Sachlage bzw. die Auskünfte, die Sie hier erhalten, einem beständigen Wandel unterzogen sind. Neue Gerichtsurteile und Verfahrensanweisungen werden das Vorgehen der Fahrerlaubnisbehörden bestimmen. Fachkongresse und Ergänzungen der Beurteilungskriterien zur Fahreignung werden Gutachtern bindende Vorschriften unterbreiten.
Außenstehenden ist dies alles schwer zugänglich. Scheuen Sie sich daher nicht, mich anzurufen und nach dem Status Quo zu fragen, dem aktuell Geltenden. Denn jenseits der durch die neue Gesetzeslage eröffneten Möglichkeiten gibt es eine Praxis der Fahreignungsbeurteilung, die nur der kennt, der in ihr tätig ist.
Werde ich unabhängig von der Legalisierung des Cannabis doch Abstinenzbelege in der MPU vorlegen müssen oder kann ich es mit einem kontrollierten Konsum und einer Trennung von Kiffen und Fahren versuchen? Reicht mein Eigenengagement oder wird man eine Verkehrstherapie von mir verlangen, die mir bestätigt, dass ich mich tiefer in die Materie und meinen Fall eingearbeitet habe? Und kann ich nicht ganz einfach zu meinem Arzt gehen und mir Medizinalcannabis verschreiben lassen, um legal mit THC im Blut zu fahren? Über dies alles und manches mehr würde ich mich gerne auf dieser Seite mit Ihnen unterhalten.
Sollten Sie die dabei aufgeworfenen Fragen und Auskünfte eher verwirren und wüssten Sie gerne, wie sich die Sache in Ihrem ganz konkreten Fall darstellt, können wir selbstverständlich eine Sprechstunde vereinbaren, die sich dann unter Kenntnis der Führerscheinakte mit Ihrem ganz persönlichen Anliegen beschäftigen wird. Im Büro bin ich unter (089) 291 651 63 für Sie erreichbar.
Gewähren Sie mir zum Schluss noch den unverzichtbaren Satz, dass die Informationen, die Sie hier nachlesen können, zwar sorgfältig zusammengetragen wurden, dennoch aber meine rein persönliche Meinung darstellen, da es einem Psychologen nicht gestattet ist, rechtsverbindliche Auskunft zu geben.
Beginnen wir mit dem neuen Gesetz. Das Meiste davon wissen Sie sicherlich schon, aber es schadet nichts, sich kurz auf eine Zusammenfassung zu verständigen, da alles Nachfolgende darauf aufbaut.
Nach Jahren des Hin und Her zwischen Befürwortern und Gegnern einer Legalisierung des Cannabis und im Nachgang zu ähnlichen Gesetzen in anderen europäischen Ländern ist nun auch hier das „Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften“ (auch: Cannabisgesetz oder CanG) in Kraft getreten, wobei als Stichtag der 1. April 2024 sowie der 1. Juli 2024 gelten und am 1. Januar 2025 Regelungen zur Tilgung von Eintragungen aus dem Bundeszentralregister in Kraft getreten sind, die nach dem neuen Gesetz nicht mehr strafbar sind.[1]
Seit dem 1. April 2024 dürfen Sie als Erwachsener Cannabis legal konsumieren. Seit dem 1. Juli 2024 dürfen Sie in gewissen Grenzen Cannabis zum Eigenkonsum anbauen. Weitere Bestimmungen beschäftigen sich mit Anbauvereinigungen und dem kommerziellen Anbau. Präzise Informationen dazu finden Sie entweder im Gesetz selbst oder auf einschlägigen Internetportalen, wie etwa der Seite des Bundesgesundheitsministeriums. So darf jeder Erwachsene für den Eigenbedarf bis zu drei Cannabispflanzen anbauen, auch darf er bis zu 25 Gramm Cannabis bzw. getrockneter Cannabispflanzen besitzen und mit sich führen; daheim, in der Wohnung, dürfen es sogar 50 Gramm sein.[2] Dieses Ihnen gehörende Cannabis dürfen Sie in gewissen Grenzen in sog. Anbauvereinigungen an Freunde weitergeben. Synthetisches Cannabis ist verboten. Auch dürfen Sie Ihren Freunden nicht gleichzeitig Cannabis und Alkohol anbieten und natürlich wird die Einhaltung dieser Rahmenbedingungen staatlich überwacht und kontrolliert.
Weitere Regelungen betreffen die Weitergabe von Cannabissamen an Dritte, den Umgang mit einer verpflichtenden Dokumentation der umgesetzten Mengen sowie die Verpflichtung zur Aufklärung der Käufer und das Gebot eines möglichst diskreten Konsums jenseits der Sicht Minderjähriger.
Wir wollen uns hier nicht weiter mit den Einzelheiten von Besitz oder Anbau beschäftigen, da Sie all das auf einschlägigen Seiten nachlesen können. Es genügt festzuhalten, dass Sie eine gewisse Menge Cannabis besitzen oder anbauen dürfen und dass Sie dieses Cannabis auch konsumieren dürfen, wobei Sie mindestens 18 Jahre alt sein müssen. Jugendliche sind vom Konsum und Besitz ausgeschlossen.
Ein unbedarfter Beobachter der neuen Gesetzesinitiative könnte sich eine einfache Frage stellen: Wenn der Besitz und Konsum von Cannabis innerhalb gewisser Grenzen legal ist, worin besteht dann das Problem bei der Teilnahme im Straßenverkehr? Die Antwort werden Sie leicht finden, wenn Sie den Vergleich mit Alkohol bemühen. Der Konsum von Alkohol ist legal, nicht aber das Fahren im Zustand der Trunkenheit. Sehen wir uns also die Sachlage bei Cannabis näher an.
Grundsätzlich gilt, dass jeder, der am Straßenverkehr teilnimmt, fahrtüchtig sein muss. Dies bedeutet banalerweise, dass Sie die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Führen von Kraftfahrzeugen mitbringen müssen, d.h. keine Krankheit haben dürfen, welche die Fahreignung beeinträchtigt. Dies bedeutet aber auch, dass Sie nicht unter dem Einfluss von Substanzen fahren dürfen, bei denen eine solche Beeinträchtigung anzunehmen ist, genauer: von Drogen, Alkohol und Cannabis.
Zwar hat der Gesetzgeber, wie Ihnen vielleicht bekannt ist, Cannabis aus den Anlagen bzw. dem Anwendungsbereich des Betäubungsmittelgesetzes herausgenommen[3] und den Status dieser Substanz als Genussmittel bekräftigt. Auch sind damit bedeutsame Erleichterung bei der Verschreibung von Cannabis im medizinischen Kontext verbunden, ein Sachverhalt dem wir unten bei der Würdigung des Medizinalcannabis im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr noch begegnen werden. Doch lässt sich nicht bestreiten, dass es sich noch immer um eine psychoaktive, d.h. bewusstseinsverändernde Substanz handelt, die in ihrer besonderen, etwa das Reaktionsvermögen einschränkenden Wirkung, die Fahreignung beeinträchtigen kann.
Damit stand man vor der Frage, ab wann eine solche Gefährdung durch Cannabis im Straßenverkehr anzunehmen ist, bzw. ab welchem kritischen THC-Wert im Blut ein entsprechender Regelverstoß in Form einer Ordnungswidrigkeit vorliegt. Eine Expertenkommission wurde beauftragt, hierzu eine wissenschaftlich begründete Empfehlung abzugeben. Die Politik übernahm den schließlich gefundenen Grenzwert von 3.5 ng/ml und arbeitete ihn in das neue Gesetz ein. Seit seinem Inkrafttreten am 22. August 2024 ist es damit nicht nur untersagt, mit mehr als 3.5 ng/ml THC im Blut motorisiert am Straßenverkehr teilzunehmen. Es gilt auch ein Cannabisverbot für Fahranfänger[4] und ein Verbot des Mischkonsums von Cannabis und Alkohol. Der Vollständigkeit halber dürfen wir noch ergänzen, dass auch weiterhin die verschärfenden Vorschriften des Strafgesetzbuches (§ 315 und 316 StGB) gelten, welche eine die Fahrsicherheit aufhebende Fahrt unter Betäubungsmitteln, d.h. im Zustand schwerer Berauschung, verbieten.
Zugleich wurde die Rechtslage einer Verkehrsteilnahme unter Cannabis der bereits bestehenden Alkoholregelung angeglichen, d.h. der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) ein neuer Paragraph hinzugefügt, der sich wie der bereits vorhandene Alkoholparagraph liest, nur dass der Begriff Alkohol durch den Begriff Cannabis ersetzt wurde. Sehen wir uns diesen Paragraphen etwas genauer an, um ein Gespür dafür zu bekommen, was sich geändert hat bzw. ab wann der Konsum von Cannabis mit der Fahreignung in Konflikt gerät.
Es wird Sie wenig überraschen zu erfahren, dass eine Abhängigkeit von Cannabis die Fahreignung ausschließt. Zwar war noch unklar, ob dabei von psychischer oder körperlicher Abhängigkeit die Rede war, doch hat sich die Literatur rasch darauf verständigt, dass man hier analog zur Alkoholabhängigkeit von einer körperlichen Abhängigkeit auszugehen habe.
Freilich existieren nach gegenwärtigen Wissensstand keine klaren toxikologischen Marker bzw. Cannabisgrenzwerte, die auf eine solche Abhängigkeit sicher schließen lassen. Selbst aus sehr hohen THC- oder THC-Carbonsäurewerten (THC-COOH) lässt sich keine körperliche Abhängigkeit von unserer Droge ableiten. Ähnlich wie beim Alkohol müssten somit ein Arzt oder ein qualifizierter Psychotherapeut, die idealerweise in einer Klinik oder anderen suchttherapeutischen Einrichtung tätig sind, eine solche Diagnose körperlicher Cannabisabhängigkeit stellen, was in den seltensten Fälle vorkommen dürfte. Wir können diese Variante einer extern diagnostizierten, die Fahreignung ausschließenden körperlichen Abhängigkeit somit hinter uns lassen, da die wenigsten Autofahrer in diese Kategorie fallen, der Nachweis der Abhängigkeit nicht zu führen ist und die Fahrerlaubnisbehörden sich nicht auf einen arbeitsintensiven Rechtsstreit mit Anwälten einlassen werden.
Zweifel an der Fahreignung sind freilich auch möglich, wenn Cannabismissbrauch vorliegt „oder sonst Tatsachen die Annahme von Cannabismissbrauch begründen“. Weiterhin gilt, dass wiederholte, will sagen: mindestens zwei Cannabisfahrten die Eignungszweifel auslösen, desgleichen, wenn aufgrund einer Cannabisfahrt die Fahreignung entzogen wurde. In all diesen Fällen wird die Führerscheinstelle eine MPU anordnen, um „zu klären, … ob Cannabismissbrauch oder Cannabisabhängigkeit nicht mehr besteht.“[5]
Lassen Sie uns für einen Augenblick bei dieser doch recht kryptischen Formulierung des § 13a der Fahrerlaubnisverordnung verweilen. Eine MPU wird immer im Falle von zwei Cannabisfahrten über dem kritischen Grenzwert von 3.5 ng/ml angeordnet. Sie wird aber auch bereits bei einer Cannabisfahrt angeordnet, wenn Zusatztatsachen vorliegen, die es rechtfertigen, von Cannabismissbrauch auszugehen. In diesem Fall nimmt man an, dass ebenfalls nicht mehr zu erwarten ist, dass der Betreffende Kiffen und Fahren sicher trennen kann.
Für Sie als Autofahrer haben dieser Gesetzestext und seine Auslegung durch die Führerscheinstelle eine ganz einfache Konsequenz. Wenn Sie zweimal mit mehr als 3.5 ng/ml am Steuer erwischt werden, ist ausnahmslos eine MPU fällig. Wenn Sie hingegen einmal mit der entsprechenden Menge bekifft fahren, hängt es von weiteren Umständen Ihres Einzelfalls ab, den sog. „Zusatztatsachen“ oder „Anknüpfungstatbeständen“, ob die Führerscheinstelle die MPU anordnet oder nicht.
Sicherlich würden Sie gerne wissen, welches diese Tatsachen sind und natürlich will ich Ihnen das, was sich dazu sagen lässt, nicht vorenthalten. Gleichwohl schicke ich eine Warnung vorweg. Die fraglichen Kriterien sind in unterschiedlichen Texten und Empfehlungen der Berufsverbände ausformuliert. Auch zitieren Fahrerlaubnisbehörden bereits das eine oder andere Urteil, um sich juristisch abzusichern. Eine klare Ausformulierung dieser Anknüpfungspunkte, d.h. eine sichere Festlegung, wann welche Zusatztatsachen eine MPU auslösen, gibt es nicht und wird es wohl auch in absehbarer Zeit nicht geben. Der zuständige Sachbearbeiter Ihrer Führerscheinstelle wird sich an die Vorgabe seiner Dienststelle halten, d.h. die intern festgelegte aktuelle Vorgehensweise umsetzen. In Grenzfällen wird die Fahrerlaubnisbehörde versuchsweise eine MPU anordnen in der Hoffnung, dass Sie das Geld und die Nerven haben, dagegen zu klagen, um schließlich – wenn das Ganze gerichtlich durch die Instanzen gegangen ist – eine endgültige Rechtssicherheit zu gewinnen.
Kehren wir nun aber zu den Sondertatsachen zurück und versuchen wir die wichtigsten Gefahrenmomente aufzulisten, die zur MPU-Anordnung bei einer einzigen Cannabisfahrt führen können.
Erleichternd ist es zu wissen, dass die einstige Regelmäßigkeit des Cannabiskonsums heute nicht mehr als fahreignungsausschließend in Betracht kommt, mithin als Zusatztatsache ausfällt. Selbstverständlich lässt sich – falls dies überhaupt der Führerscheinstelle bekannt wird – auch aus der Mitgliedschaft in einem Cannabisanbauverein nichts ableiten.
Bedeutsam ist hingegen, ob sich aus der Verkehrsvorgeschichte oder den besonderen Umständen der damaligen Cannabisfahrt belastende Momente entnehmen lassen sowie ob der Betreffende in der Lage oder willens ist, Kiffen und Fahren zu trennen. Gehen wir die einzelnen Punkte exemplarisch durch.
Solche Anknüpfungspunkte können gegeben sein, wenn zusätzlich zur Cannabisfahrt Verkehrsverstöße oder Straftaten vorliegen, die auf Rücksichtslosigkeit oder mangelnde Selbstkontrolle hinweisen wie etwa aggressives Verhalten im Straßenverkehr oder Fahren ohne Fahrerlaubnis. Weiterhin wäre es fatal, wenn vor der Cannabisfahrt eine Fahrt unter Alkohol stattgefunden hat oder ein früheres Gutachten bereits eine Cannabisabstinenz gefordert hatte.
Hier wäre an einen Personenkreis zu denken, der in besonderer Weise auf das regelmäßige Führen eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist und dennoch nicht in der Lage ist, Kiffen und Fahren sicher zu trennen, wie etwa Fahrer im Rettungsdienst, im Bereitschaftsdienst der Feuerwehr oder dem THW.
Interessanter sind aber wohl die beiden folgenden Unterpunkte, da sie die wichtige Unterscheidung zwischen Trennvermögen und Trennbereitschaft einführen, eine Unterscheidung, die dann später auch in der MPU von Belang ist.
Gemeint sind hier im wesentlichen ein exzessiver Cannabiskonsum oder eine Toleranzsteigerung, die sich aus den am Delikttag gemessenen Werten unterstellen lassen. Davon geht die Führerscheinstelle mit einer gewissen Berechtigung aus, wenn ein reiner THC-Wert von mehr als 15ng/ml vorliegt und Ausfallerscheinungen (fast) fehlen. Auch wäre eine THC-Konzentration von mehr als 8ng/ml bei gleichzeitig hoher THC-Carbonsäure (= THC-COOH) von mehr als 150 ng/ml als Hinweis auf fehlendes Trennvermögen zu deuten. Es liegt auf der Hand, dass keine vom Kiffen herrührende Psychose (Paranoia oder Schizophrenie) vorliegen darf. Und zuletzt ist man auf die Bong oder das „Dabbing“ aufmerksam geworden, wo veritable Mengen an THC pur, d.h. ohne Tabak, inhaliert werden. Sie liegen sicherlich nicht falsch, wenn Sie annehmen, dass es hierzu ergänzender Gerichtsurteile bedarf, welche die Umstände einer entsprechenden MPU-Anordnung unter Hinweis auf fehlendes Trennvermögen weiter eingrenzen.
Nun kann es wohl sein, dass der Betreffende durchaus Kiffen und Fahren trennen könnte, aber keinen Bock darauf hat, d.h. es auf eine Fahrt unter Cannabis über dem kritischen Grenzwert ankommen lässt. Natürlich ist es schwer, einen solchen – im juristischen Deutsch genannten – „subjektiven Tatbestand“ nachzuweisen, da ja niemand in die Seele des Betreffenden Einblick nehmen kann und kaum jemand so dumm ist, der Polizei mitzuteilen, dass er gefahren ist, obwohl er wusste, dass er nicht fahren darf.
Somit tritt der kritische Fall beispielhaft ein, wenn der Autofahrer einen Schutzbefohlenen als Beifahrer im Auto hat, wenn morgens gekifft wurde, obwohl man wusste, dass man danach in die Schule oder Arbeit fahren muss. Eine andere, problematische Variante ist die Verkehrsteilnahme trotz wahrnehmbarer Rauschsymptome, mithin deutlicher Ausfallerscheinungen und zuletzt der Nachweis, dass man unmittelbar nach dem Konsum gefahren ist, d.h. die erforderliche Wartezeit vorsätzlich nicht eingehalten hat.
Die Problematik entsprechender Kriterien erkennen Sie bereits daran, dass einmal fehlende Ausfallerscheinungen als bedenklich gelten, da sie auf eine hohe Alkoholgewöhnung rückschließen lassen, dann aber wiederum deutliche Ausfallerscheinungen bemängelt werden. Natürlich kann man beide Effekte von der Höhe des gemessenen THC-Werts abhängig machen, doch hängt eine solche Beurteilung an einem seidenen Faden. Ähnlich wie bei Alkohol werden Gerichte das dann hoffentlich letzte Wort zu sprechen haben.
Ich habe Verständnis dafür, wenn Sie diese Beispiele als konstruiert, ja sogar als an den Haaren herbeigezogen betrachten. Denken Sie aber daran, dass die Behörde, der es um Verkehrssicherheit gehen muss, Risikomomente auch konkret in den Blick nehmen darf, um zu entscheiden, wann eine sichere Trennung von Kiffen und Fahren auch künftig nach einer Drogenfahrt zu unterstellen ist oder wann die Vermutung nahe liegt, dass es zu weiteren Fahrten kommen kann.
Wie bereit oben erwähnt, wird sich in Zukunft über Gerichtsentscheidung eine größere Klarheit ergeben. Da Sie als Außenstehender hier nur schwer Einblick gewinnen können und insbesondere die konkrete Praxis der Behörden nur dem vertraut ist, der in der Fahreignung arbeitet, möchte ich an dieser Stelle mein Angebot eines Ersttelefonats und gegebenenfalls einer Sprechstunde wiederholen. Denn nur unter Berücksichtigung Ihrer persönlichen Akte, d.h. Ihres ganz konkreten Einzelfalls, können die Chancen, in einer MPU zu bestehen und die daran gebundenen Zeiträume und Belege abgeschätzt werden.
Wenden wir uns jetzt einer Frage zu, die Sie vor allem interessiert. Sie wissen, dass Sie bei zweimaliger Cannabisfahrt in die MPU müssen und Sie wissen, dass Sie bei einer einmaligen Fahrt dann mit einer MPU rechnen müssen, wenn Zusatztatsachen oder Anknüpfungspunkte hinzutreten, deren Relevanz sich im Einzelfall noch ergeben muss. Unterstellen wir daher, dass die Führerscheinstelle aus welchen Gründen auch immer bei Ihnen eine MPU angeordnet hat und fragen wir uns, wie Sie diese bestehen können.
Wenn aufgrund einer Cannabisabhängigkeit oder eines Cannabismissbrauchs die Fahreignung in Zweifel steht, ist diese erst wieder gegeben, wenn Sie die Abhängigkeit bzw. den Missbrauch stabil überwunden haben. Für die seltene Abhängigkeit gelten hier jene Kriterien, die schon beim Alkoholismus sich bewährt haben. Nach einer stationären oder ambulanten Entwöhnungsbehandlung muss in der Regel ein Jahr Drogenfreiheit nachgewiesen werden. Falls vor der Therapie bereits eine längere Abstinenz vorliegt, kann dieser Zeitraum auf bis zu 6 Monate verkürzt werden. Ohne Therapie benötigen Sie weitere drei, d.h. insgesamt 15 Monate Drogenfreiheit.
Interessanter und ungleich häufiger ist freilich die Frage, ab wann man von einer Überwindung des Cannabismissbrauchs ausgehen darf. Und hier gibt es jetzt zwei Möglichkeiten oder Strategien, auf deren Bewertung Sie lange gewartet haben. Genügt es, kontrolliert zu kiffen und Kiffen und Fahren zu trennen, ähnlich wie das beim Alkohol als kontrollierte Trinkstrategie in leichteren Fällen diskutiert wird oder müssen Sie eine Abstinenz und wenn ja, für wie lange, belegen?
Bedeutsam wird die Sache dadurch, dass die Führerscheinstelle jetzt nicht mehr, wie früher, eine Abstinenz einfordert, sondern eine Trennfragefragestellung unterbreitet: „Liegt bei Herrn/Frau X Cannabismissbrauch vor? Ist er/sie in der Lage, den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs sicher zu trennen (Trennfähigkeit)?“
Entscheidend ist dabei natürlich nicht, ob Sie das früher konnten, denn die Drogenfahrten beweisen ja das Gegenteil. Entscheidend ist, ob Sie Ihren Konsum soweit verändert haben und auch Ihre Drogenproblematik soweit aufgearbeitet haben, dass eine künftige Trennung unterstellt werden kann.
Würde man nun ausschließlich diese behördliche Frage in den Blick nehmen, dann wäre die Antwort auf unser Anliegen klar: Autofahrer, die cannabisabhängig sind, müssen eine ausreichend lange Abstinenz vorlegen. Autofahrer, die „nur“ Cannabismissbrauch betrieben haben, dürfen trennen, d.h. müssen lediglich nachweisen, dass sie nach dem Kiffen ausreichend lange warten, um mit weniger als 3.5 ng/ml autozufahren.
Tatsächlich ist aber die behördliche Hürde nur eine, die sie nehmen müssen. Denn unabhängig von dieser rein verwaltungsrechtlichen Frage hat der Gutachter einer MPU die Freiheit zu entscheiden, welche Veränderungen er von Ihnen verlangt. Er kann – je nach Schwere des Falles – unabhängig von der Fragestellung der Führerscheinstelle eine Abstinenz verlangen.
Beim Versuch, hier Klarheit zu gewinnen, werden Sie sich an vielen Informationsquellen, an Foren, an Freunden, an Anwälten, an wem auch immer abarbeiten können. Ein Rest an Unsicherheit bleibt. Lassen Sie uns daher die Möglichkeiten und Gefahren etwas näher betrachten.
Ausschlaggebend für die Beurteilung eines positiven Gutachtens sind die sog. Beurteilungskriterien, welche November 2022 in vierter Auflage erschienen sind. Sie gelten bis heute, wenn auch Veröffentlichungen der Berufsverbände und Fachgesellschaften ergänzend herangezogen werden sollen. Für die Einschätzung des Cannabis war früher die Gruppe D3 zuständig. Es handelte sich dabei um Personen, bei denen eine sog. „Drogengefährdung“ vorlag, mithin um Kiffer, die gelegentlich auch einmal eine andere, kernigere Droge wie Speed oder XTC probiert haben. „Der Klient konsumierte häufiger oder gewohnheitsmäßig Cannabis und/oder nur gelegentlich eine Droge mit einer höheren Suchtpotenz, wobei die individuelle Kontrolle über Konsummenge und -gelegenheit noch weitgehend gegeben war.“[6]
Diese Klienten der Gruppe D3, also die Kiffer, hatten dann ihren Drogenmissbrauch überwunden, wenn Sie das Kiffen ganz eingestellt hatten und dies für ein halbes Jahr nachweisen konnten, wobei vier Urinscreenings oder eine Haaranalyse zu 6cm ausreichend war. Soweit freilich der Drogenkonsum über einen langen Zeitraum stattgefunden hatte (zu denken wäre hier an einen über mehrere Jahre andauernden, regelmäßigen Cannabiskonsum), musste ein Jahr Drogenfreiheit nachgewiesen werden, was hier 6 Urinscreenings oder zwei Haaranalysen zu je 6cm bedeutete.
In den noch nicht an das neue Gesetz angepassten Beurteilungskriterien war also zunächst ausschließlich von Drogenabstinenz die Rede. Nur für Personen, die ganz selten und ausschließlich Cannabis gekifft hatten, war eine Trennung von Kiffen und Fahren denkbar. Ein regelmäßiger oder gewohnheitsmäßiger Cannabiskonsum (z.B. mehrfach wöchentlich) war mit einer Trennung nicht vereinbar.
Und hier, genau an diesem Punkt des vertretbaren Trennens, kam jetzt eine neue Diskussion, eine neue Betrachtung auf die MPU-Institute zu, welche versuchte, noch vor Veröffentlichung einer aktualisierten Auflage der Beurteilungskriterien das Trennen von Kiffen und Fahren, ähnlich wie beim Alkohol, konkreter einzubinden.
So haben dann in mehrfachen Fortbildungsveranstaltung unter Berufung auf Fachtexte die MPU-Institute die Möglichkeit einer Trennung von Kiffen und Fahren prinzipiell in Aussicht gestellt, jedoch über die konkrete Umsetzung dieses Projekts Stillschweigen bewahrt. Kann also jetzt ein Kiffer trennen oder kann er nicht trennen?
Prinzipiell war klar, dass er aufgrund der neuen Gesetzeslage und Einschätzung der Fachleute trennen konnte, was bedeutet, dass er den Konsum und das Fahren kontrollieren konnte, doch ob dies im Einzelfall möglich war = bei Ihnen möglich sein würde, war eben nur in einer MPU, die diesen Einzelfall in den Blick nahm, zu entscheiden.
Bei leichteren Fällen, in welchen eine „innere Bindung“ an das THC doch noch nicht ausgeprägt war, d.h. in welchen unregelmäßig in moderaten Dosen konsumiert wurde, was auch immer das bedeutet, mochte man ähnlich wie bei einem Klienten mit niedrigem Promillewert die Trennfähigkeit annehmen. Bei schwereren Fällen war dies nicht mehr vertretbar, d.h. hier würde man ähnlich wie beim Alkohol eine Abstinenz verlangen.
Doch genau an diesem Punkt traf jetzt die veränderte Rechtslage der Fahrerlaubnisbehörden ins Schwarze. Denn hatten wir oben nicht gesehen, dass ein leichter Fall mit knapp über einem ng/ml reinem THC und einer einzigen Drogenfahrt gar nicht mehr zu MPU einbestellt wurde? Und war nicht vielmehr eine Wiederholungsfahrt oder waren nicht weitere Zusatztatsachen, darunter ein erheblich höherer THC-Wert, erforderlich, um die MPU-Anordnung auszulösen? Und würde nicht genau dies bedeuten, dass die typischen Kiffer, denen man eine MPU zumutete, eben keine leichten Fällen mehr waren?
Die veränderte Rechtslage hatte veränderte Personengruppen für die MPU erzeugt und mit ihnen das alten Abstinenzkriterium – quasi über die Hintertür – wieder eingeführt. Niemand kann Ihnen garantieren, dass Sie nicht doch mit einer Trennstrategie die MPU bestehen können, aber niemand kann Ihnen genauso wenig versprechen, dass die Trennstrategie genügt. Denn immer konnte ein Gutachter davon ausgehen, wenn es die Exploration hergab, dass Sie eben doch nicht nur versehentlich gekifft hatten, sondern öfters mit bedenklicherer Motivlage. Hier half es ähnlich wie beim Alkohol nicht, dass Sie die Sache verharmlosten und angaben, fast nie gekifft zu haben. Denn die medizinischen Werte deuteten darauf hin, dass dies außerordentlich unwahrscheinlich war.
Aber es kam noch schlimmer. Wie die Autoren der Beurteilungskriterien auf Kongressen und Online-Veranstaltungen bekannt gaben, war ja durch die veränderte Rechtslage bzw. die Legalisierung des THC zu erwarten, dass die Bürger ungehemmter kiffen würden und dadurch in die schwerere Drogengruppe D2 einzuordnen wären. Diese wäre in analoger Anwendung auf das THC dann gegeben, wenn die Bindung an die Droge bereits so stark ist, dass eine Konsumkontrolle nicht mehr möglich ist. In diesem Fall müssen dann jene Kriterien der Abstinenz eingefordert werden, die eigentlich für Drogen höheren Suchtpotentials wie Kokain, Metamphetamin und natürlich die Opiate reserviert waren. Hier gilt, dass für Klienten, die keine suchttherapeutische Maßnahme durchgeführt haben – und dies dürfte ja auf fast alle THC-Konsumenten zutreffen, da hier in der Regel eine ambulante oder stationäre Entwöhnungsbehandlung unterbleibt –, Klienten mithin, die als „Selbstheiler“ eingestuft werden, eine belegte Abstinenz von 15 Monaten gefordert wird. Sie haben richtig verstanden. Falls der Gutachter Sie im Kontext seiner Exploration in einer MPU als schweren Kiffer betrachtet, müssen Sie nicht nur zwölf, sondern zusätzlich drei weitere Monate lückenlos belegen. Hierzu würden zwei Haaranalysen zu je 6cm und eine Haaranalyse zu 3cm genügen oder 7 Urinscreenings in 15 Monaten, wobei sich diese Frequenz noch bestätigen muss, d.h. es sein kann, dass Sie zunächst mit 6 Urinscreenings 12 Monate belegen und mit weiteren 2 oder 3 die restlichen 3 Monate. Von einer Trennung von Kiffen und Fahren ist hier natürlich nicht mehr die Rede.
Denken Sie dabei auch an die Gefahren, welche ein zusätzlicher Konsum von Alkohol mit sich bringen kann. Grundsätzlich ist es dieser Personengruppe zuzumuten, Alkohol zu konsumieren, wenn sich keine Hinweise auf Alkoholmissbrauch ergeben. In diesem Fall könnte ein kontrollierter Umgang mit Alkohol zum Ziel führen. Enthält die Akte freilich eine Alkoholfahrt von mehr als 1.1 o/oo oder ergibt die Exploration des Psychologen einen Mischkonsum = gleichzeitigen Konsum von Alkohol und Cannabis oder Hinweise auf eine Suchtverlagerung = das Ausweichen auf Alkohol bei Verzicht auf Cannabis, dann muss „ein Alkoholverzicht durch geeignete Belege zumindest für sechs Monate vor der Begutachtung nachvollziehbar gemacht“ werden.[7]
Fassen wir zusammen: zwar hat der Gesetzgeber durch die neue Gesetzesinitiative die Fahrerlaubnisbehörden, die Fachverbände und die Gutachter gezwungen, das Trennen von Kiffen und Fahren ernsthaft in Erwägung zu ziehen, doch haben Gutachter in der MPU sich das Recht vorbehalten, je nach Konsumvorgeschichte oder seelischer Verstrickung in die Droge eine leichtere und eine schwere Cannabisentwicklung anzunehmen, d.h. diese Trennung in erstem Fall prinzipiell zu gestatten, in letzteren jedoch wieder auf die Abstinenzforderung zurückzukommen, wobei hier sogar erschwerende Bedingungen in den Blick genommen wurden.
Es macht daher Sinn, wenn wir gemeinsam in einer Sprechstunde Ihren Fall betrachten und dann entscheiden, welche Strategie für Sie die richtige ist und welches Risiko eines Scheiterns in der MPU Sie eingehen wollen. Ähnlich wie beim Alkohol hängt alles an der Vorgeschichte und ähnlich wie dort ist die Abstinenz zumeist der stärkere, der sicherere Weg. Denn der Verzicht auf das Cannabis bringt persönliche und soziale Veränderungen mit sich, die positiv in der MPU geltend gemacht werden können. Ob es Ihre erlebte mentale Klarheit und Energie, Ihr Privatleben, Ihre beruflichen Ambitionen oder ganz allgemein Ihr Lebensempfinden sind: all das zählt in der MPU im Vergleich zu jenem früheren Leben. Natürlich kann auch der, der kontrolliert Cannabis konsumiert, solch positive Veränderungen geltend machen, doch muss ich Ihnen nicht sagen, dass dies bei der Abstinenz nachhaltiger durchscheint, ein Sachverhalt, der Ihnen vielleicht bei der Beobachtung Ihrer Freunde bereits selbst aufgefallen ist.
Eine Frage liegt Ihnen sicherlich schon auf der Zunge und ihr wollen wir jetzt eine ausreichende Aufmerksamkeit gewähren. Benötige ich als Kiffer Abstinenzbelege und wenn ja, welche Art der Belege sind erforderlich?
Tatsächlich ist die Beantwortung dieser Frage komplexer, als man vielleicht erwarten könnte, denn sie hängt a) an der Einschätzung des Gutachters was die Schwere des Falls angeht, b) an der Frage, ob neben Cannabis auch (wenn auch möglicherweise in geringerem Ausmaß) andere psychoaktive Substanzen konsumiert wurden, c) an der behördlichen Fragestellung und d) zuletzt an der Strategie im Umgang mit Cannabis, die der Klient geltend macht.
Versuchen, wir die einzelnen Fälle zu sortieren und die je passende Antwort zu finden.
Er ist gegeben, wenn entweder ein über Jahre vorliegender massiver Cannabismissbrauch mit innerer Bindung an die Droge vorliegt oder wenn neben Cannabis nicht nur sporadisch, sondern „wiederholt“ Drogen höherer Suchtpotenz konsumiert werden, d.h. insbesondere Kokain, Crack, Metamphetamin oder gar Heroin. Auch der Konsum unbekannter Designerdrogen bzw. neuer psychoaktiver Substanzen (NpS), d.h. synthetischer Laborprodukte unbekannter Herkunft und Wirkung, sowie der Beikonsum von Alkohol oder Medikamenten zur wechselseitigen Wirkungssteigerung gestattet es dem Gutachter, von einer fortgeschrittenen Drogenproblematik bzw. einem schweren Drogenfall auszugehen.
Hier ist – wie Sie schon wissen – eine Trennung von Kiffen und Fahren nicht mehr vorgesehen. In der MPU bleibt alles beim alten, d.h. es muss eine Abstinenz über alle Drogen nachgewiesen werden, mithin ein polytoxikologisches Screening oder eine entsprechende Haaranalyse, welche, falls Alkoholmissbrauch in der Vorgeschichte bekannt ist, einen belegten Alkoholverzicht mit einschließt.
Konkret bedeutet dies, dass der Klient neben 15 Monaten an Freiheit von allen Drogen inkl. Cannabis eine sechsmonatige Alkoholabstinenz vorlegen muss. Falls die Fragestellung der Führerscheinstelle sich nicht nur auf Drogen beschränkt, sondern explizit den Alkohol beinhaltet, wäre ein Jahr Alkoholabstinenz nachzuweisen. Wichtig ist, dass sich für diesen schweren Cannabisfall der Abstinenzbeleg nicht auf Cannabis beschränken darf.[8]
In diese Gruppe fallen Klienten, die zwar hauptsächlich Cannabis konsumieren, jedoch auch gelegentlich Partydrogen wie Speed oder Ecstasy. Die Frage, ob ein ganz seltener, zusätzlicher Kokainkonsum noch als D3 zu werten ist oder bereits als D2, muss gegenwärtig als offen bezeichnet werden. Entscheidend ist hier die „innere Bindung“ an das Kokain, was bedeutet, dass der Gutachter die Gründe für den Konsum erfragt und sich dann festlegt. Bis in den Beurteilungskriterien Klarheit geschaffen ist, sollte man davon ausgehen, dass jeglicher Kokainkonsum, der über wenige, etwa an einer Hand abzählbare Instanzen hinausgeht, zur Einordnung in die Gruppe D2 führt.
Liegt hingegen der Fall D3 mit hauptsächlichem Cannabiskonsum und seltenem Konsum der oben genannten beiden Partydrogen Speed und/oder MDMA vor, so muss der Klient interessanterweise in der MPU zwar die Abstinenz von allen psychoaktiven Substanzen und damit auch dieser beiden Drogen belegen, kurz: nachweisen, dass er ein Jahr lang keine illegalen Drogen inklusive Speed oder Ecstasy mehr genommen hat. Hinsichtlich des Cannabis kann er sich nun aber entscheiden, ob er auch auf diese Droge verzichtet oder ob er Cannabis künftig kontrolliert konsumieren und Kiffen und Fahren trennen will. Bei erstgenannter Strategie wird man 6 Monate Cannabisabstinenz einfordern, die sich im Falle eines langjährigen, intensiven Konsums auf ein Jahr steigern können. Bei letztgenannter Strategie entfällt ein solcher Nachweis. Es muss dann nur noch belegt werden, dass der Betreffende die Konsumkontrolle soweit im Griff hat, dass er am Tag der MPU nicht unter dem Einfluss von Cannabis steht. Hierzu ist eine Blutprobe geeignet, die einen THC-Wert von weniger als 1ng/ml erbringt.
Entscheidet sich der Betreffende freilich bei Cannabis für eine Abstinenzstrategie, deren Vorteile wir oben besprochen haben, kann er die Freiheit von dieser Substanz entweder durch vier Urinscreenings in einem halben Jahr oder sechs Screenings in einem Jahr nachweisen. Oder er kann diesen Nachweis über eine Haaranalyse erbringen, wobei er hier die Wahl hat, kostengünstig nur auf THC zu testen oder sogleich auf die THC-Carbonsäure. Falls der reine THC-Test befundfrei ist, ist der Nachweis der Cannabisabstinenz erbracht. Kommt es jedoch zu einem positiven THC-Befund, was durchaus passieren kann, wenn man Kontakt mit Kiffern hat und einen Passivkonsum nicht ausschließen kann, dann ist es möglich die Haare auf THC-COOH nachzutesten, was zwar zusätzlich Geld kostet, jedoch bei einem Negativbefund die Abstinenz ebenfalls belegen kann.
Kommen wir zuletzt zum sicher sehr häufigen Cannabismonokonsumenten, d.h. der Personengruppe D3 ohne Kenntnis des Konsums zusätzlicher weiterer Drogen. Auch hier kann der Klient, um das Risiko einer negativen MPU zu minimieren, sich zu einer sechsmonatigen Abstinenz entscheiden, die – so wollen es die Kriterien – bei einem ganz seltenen Cannabiskonsum der Gruppe D4 vielleicht sogar nur eine Haaranalyse von 3 Monaten oder 3 Screenings in vier Monaten nach sich zieht, wobei sich ein solch leichter Fall selten in der MPU finden dürfte. Häufiger dürfte die Ihnen bekannte Variante auftreten, dass bei einem längeren, intensiveren Konsum von Cannabis ein Abstinenznachweis über diese Substanz von einem Jahr erforderlich ist. Die oben beschriebenen Belegmöglichkeiten gelten auch hier. Entweder erfolgt der Nachweis über Urinscreenings oder er wird mit Haaranalysen geleistet, wobei eine Testung auf THC mit Negativbefund hinreicht oder eine Testung auf THC-COOH, entweder alleine oder im Nachgang auf einen Positivbefund bei reiner THC-Testung.
Sie haben diese verwirrende Vielfalt von Möglichkeiten klaglos entgegengenommen und sind jetzt, bevor wir uns mit der Trennstrategie befassen, bereit, von einer weiteren Komplikation Kenntnis zu erhalten. Was passiert, wenn der Klient in einer MPU, die aufgrund der Aktenlage nur dem Cannabis galt und auch nur mit einer Cannabisfragestellung von der Fahrerlaubnisbehörde angeordnet wurde, einräumt, zusätzlich andere psychoaktive Substanzen konsumiert zu haben?
In diesem Fall darf der Gutachter entscheiden, ob er diese Information benutzt, um den Klienten in eine schwerere Diagnosegruppe einzuordnen. Bei mehr als ganz seltenem Kokainkonsum wäre das die oben genannte Gruppe A. D2, bei sehr seltenem Kokainkonsum sowie dem Konsum von Partydrogen wie XTC oder Speed wäre das die oben genannte Gruppe B. D3.
Er wird dies aber in der MPU nicht weiter explorieren, sondern sich darauf beschränken, der Führerscheinstelle mitzuteilen, dass sich „nebenbefundlich“ Hinweise auf den Konsum weiterer psychoaktiver Substanzen ergeben haben. Die Führerscheinstelle muss dann entscheiden, ob sie diese Daten heranzieht, um eine neue, erweiterte MPU anzuordnen.
Welches Urteil aber fällt der Gutachter nun in der ersten, dem Cannabis geltenden MPU? Unser Experte gerät hier offenkundig in ein Dilemma zwischen der engen, auf Cannabis begrenzten behördlichen Fragestellung, an die er in der MPU gebunden ist, und der darüber hinausgehenden Verwertung von Konsumdaten anderer Drogen. Wie er dieses Dilemma (in der Erstbegutachtung) löst, müssen Ihnen Andere beantworten. Die Beurteilungskriterien geben darauf keine Antwort. Eine Neuauflage ist für den Herbst 2025 oder später vorgesehen.
Da der Gutachter den zusätzlichen Konsum nicht detailliert explorieren und auch keine über das Cannabis hinausgehenden Abstinenzbelege einfordern darf, kann es sein, dass der Klient mit einem ausreichend langen Cannabisabstinenzbeleg ein positives Gutachten erhält. Dies wäre etwa möglich, wenn die zusätzlichen Drogen nicht im Vordergrund standen bzw. keine innere Bindung an diese Drogen sowie keine Konsumverkettung derselben mit dem Cannabis vorliegt und eine exzellente Aufarbeitung der Drogenvergangenheit gegeben ist. Sollte sich freilich im Gespräch – bei dem es eigentlich gar nicht um diese zusätzlichen Drogen gehen darf – herausstellen, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, würde das Gutachten aus psychologischen Gründen negativ, da in der Gesamtschau der Befunde eine ausreichende Problembewältigung nicht attestiert werden kann.[9]
Vertrackt wird die Sache auch, wenn der Klient als Monokonsument sowie mit einer auf Cannabis begrenzten behördlichen Fragestellung in die MPU kommt und es sich dann herausstellt, dass er aufgrund des massiven Konsums von Cannabis in die Gruppe D2 einzuordnen ist. Hier kann es sein, dass eine Abstinenz von 15 Monaten, die sich auf Cannabis beschränkt, hinreicht, wenn der Klient – wie zuvor bereits angemahnt – im psychologischen Gespräch überzeugt, d.h. klar machen kann, dass er seinen früheren Missbrauch versteht und überwunden hat. Sollte freilich – was wohl nur selten vorkommt – eine körperliche Abhängigkeit von Cannabis diagnostiziert werden, ist zu erwarten, dass der Gutachter die Abstinenz aller weiteren Drogen verlangt, da hier aufgrund des hohen Suchtpotentials Sicherheit in alle Richtungen hin angestrebt wird. Wie Sie schon wissen, beinhaltet das auch eine Alkoholabstinenz von drei Monaten, bei Hinweis auf früheren Alkoholmissbrauch ohne zusätzliche behördliche Alkoholfragestellung von 6 Monaten und mit entsprechender Fragestellung von einem Jahr.
Die ganze Situation ist höchst unbefriedigend, da nur die wenigsten zum Zeitpunkt des Beginns der Abstinenzbelege bereits die behördliche Fragestellung kennen und niemand sicher wissen kann, wie das eigene Konsumverhalten in der MPU gewertet wird. Dies führt zur Empfehlung, dass man als Monokonsument von Cannabis sich nur bei zeitlich überschaubaren moderaten Konsummengen in der Vergangenheit auf den Abstinenznachweis von Cannabis beschränken sollte. Liegt hingegen ein intensiverer Konsum von Cannabis mit starken, in der Persönlichkeit oder Lebensgeschichte verankerten Konsummotiven vor, dann ist es – solange die Beurteilungskriterien hier keine klare Richtlinie vorgeben – empfehlenswert, als „Selbstheiler“ einen über 15 Monate andauernden, nur unwesentlich teureren polytoxikogischen Nachweis zu führen, da man damit auf der sicheren Seite ist. Bei körperlicher Abhängigkeit ist dies wohl Pflicht. Und auch bei einem wie auch immer gearteten Beikonsum weiterer Partydrogen wird für diese Drogen eine Abstinenz zu fordern sein, die ein Jahr umfassen sollte, wobei bei Cannabis in leichteren Fällen die Verkürzung auf 6 Monate, ja sogar eine Trennung von Kiffen und Fahren, denkbar ist.[10]
Dies wollen wir uns jetzt näher ansehen, wenn wir zu zweiten strategischen Möglichkeit eines Cannabismonokonsumenten kehren, zur Geltendmachung eines kontrollierten Konsums und einer Trennung von Kiffen und Fahren. Hier entfällt die Notwendigkeit der Abstinenzbelege. Der Arzt in der MPU wird solche nicht mehr einfordern. Der Psychologe muss dann prüfen, ob der Betreffende in der Lage oder bereit ist, Kiffen und Fahren zu trennen, ob das neue Verhalten stabil ist und entsprechende Strategien bekannt und erprobt sind. Entscheidend ist im Vergleich zur früheren Rechtslage, dass eine Gelegentlichkeit, ja sogar eine Regelmäßigkeit im Konsum per se die Fahreignung nicht ausschließen, sondern entscheidend ist, ob der Klient auf kontrollierte Weise konsumieren und zuverlässig trennen kann. Eine glaubhafte Änderung im Konsumverhalten und die Kenntnis der davon abhängigen Wartezeiten, bis gefahren wird, steht dabei im Vordergrund, wobei der oben bereits eingeführte Nüchternheitsbeleg über eine Blutprobe mit weniger als 1ng/ml auch hier anfällt.
Behalten Sie aber bitte auch bei diesem Sachverhalt jene Wahrheit im Auge, auf die ich Sie immer wieder hingewiesen haben. Nicht Sie entscheiden, welche Strategie zu einem positiven Gutachten führt, sondern der Gutachter. Sollte er der Meinung sein, dass Ihnen ein Konsumkontrolle, eine soziale Anpassungsbereitschaft oder – wie man sich ausdrückt – „Änderungskompetenz“ nicht zuzumuten sind, dann wird das Gutachten negativ, auch wenn Sie ein eigentlich vom Gesetzgeber als möglich eingeräumtes Verhalten, nämlich die Trennung von Kiffen und Fahren, geltend machen.
Denn ähnlich wie beim Alkohol gilt, dass der Konsum zwar legal ist, die Möglichkeit eines Trennens von Alkohol und Fahren auf der einen Seite, von Kiffen und Fahren auf der anderen Seite jedoch nicht eingefordert werden kann. Sie haben mithin keinen Rechtsanspruch auf diese Strategie und sind hier der gutachterlichen Einschätzung ausgeliefert. Gerne gehe ich mit Ihnen nach Kenntnis Ihres Falls die Chancen einer Begutachtung mit dieser Strategie durch. Es ist aber klar geworden, dass hier eine absolute Sicherheit nicht versprochen werden kann und Klienten, die auf die Fahrerlaubnis angewiesen sind und das Risiko eines negativen Gutachtens minimieren wollen, mit der Abstinenzstrategie besser liegen. Denn all das, was in der Begutachtung zählt: die Distanzierung vom falschen Freundeskreis, der Verzicht auf die Dominanz des Cannabis in Ihrem Leben, die neue Energie, die Sie ohne diese Droge erhalten, die mentale Klarheit, kurz: das Aufgeräumtsein im Leben, ist bei einer Abstinenz entsprechend deutlicher zu vermitteln.
Sehen wir uns abschließend an, wie eine Strategie des kontrollierten Konsums bzw. ein Trennen von Kiffen und Fahren aussehen kann. Denn natürlich möchte ich Sie auch in einem solchen Fall nicht im Stich lassen.
Die Literatur hat zum einen Strategien einer gelungenen Trennung erarbeitet, zum anderen sich mit sinnvollen Wartezeiten nach dem Konsum von Cannabis beschäftigt.
Ein internationales Expertengremium unter Vorsatz von B. Fischer hat in mehrfachen Publikationen erfolgversprechende Strategien eines risikoarmen Umgangs mit Cannabis dargestellt. Sie finden diese Hinweise auf der Website des kanadischen Gesundheitsministeriums oder in der PDF-Datei, die Sie hier downloaden können.
Gerne fasse ich für Sie zusammen, was Begutachtungsinstitute bzw. Fachverbände daraus gemacht haben. Lassen Sie die Kriterien auf sich wirken und entscheiden Sie dann selbst oder im Gespräch mit mir, wie realistisch ihre Umsetzung ist.
Um dem Bonus des risikoarmen Cannabiskonsums zu genügen, sollten Sie erst nach Vollendung der Pubertät mit dem Kiffen anfangen, was wohl darauf hinausläuft, dass Sie erst als Erwachsener kiffen, mithin die deutschen Legalitätskriterien erfüllen, die bekanntlich einen Konsum vor dem 18. Lebensjahr untersagen. In der kanadischen Originalpublikation wird variabel ein Zeitraum von 16 Jahren bis 20 Jahren als möglicher Zeitraum des Erstkonsums genannt.
Des weiteren sollten Sie Cannabisprodukte mit niedrigem THC-Gehalt und hohem CBD-Anteil (= Cannabidiol) wählen und hochpotente THC-Extrakte meiden, da sie leichter zu psychischen Problemen führen oder eine Abhängigkeitsproblematik begünstigen können. Synthetische Cannabisprodukte wie K2 oder Spice sind tabu. Auch wollen Sie legal erworbene qualitätsbewährte Produkte verwenden und gesundheitsbelastende Formen der Einnahme vermeiden. Sie verzichten also vollständig auf das Rauchen des THC, da dies die Lunge belastet und steigen statt dessen auf einen Vaporisator oder eine E-Zigarette um, oder Sie nehmen essbare Formen des Cannabis zu sich, wobei hier die verzögerte Rezeption = Aufnahme der Substanz, mithin die längere Nachwirkung zu bedenken ist.
Sollten Sie sich doch auf das Rauchen des THC einlassen, wird empfohlen, dass Sie nicht tief inhalieren und dann den Atem anhalten, um die Wirkung zu steigern. Auch rät man von Inhalationsmethoden ab, die wohl nur erfahreneren Nutzern bekannt sind, wie das Valsalva Manöver (erzwungenes Ausatmen gegen Widerstand) und seine Umkehrung, das sog. Müller-Manöver (tiefes Einatmen durch ein Utensil mit erhöhtem Luftwiderstand).
Da häufiges und intensives Kiffen am ehesten zu gesundheitlichen Problemen führen kann, sollte man nur gelegentlich, will sagen einen Tag pro Woche oder am Wochenende oder sogar seltener, kiffen.
Auf Wartezeiten nach dem Kiffen kommen wir unten noch zu sprechen, wenn es darum geht, die in Deutschland geltende Rechtslage mit der durch das Cannabis potentiell beeinträchtigten Fahreignung abzustimmen. Das Kanadische Expertenteam empfiehlt, für wenigstens sechs Stunden weder autozufahren noch Maschinen zu bedienen, die ein hohes Ausmaß an Aufmerksamkeit und psychomotorischer Kontrolle verlangen. Wie wir sehen werden, ist dieser Zeitraum auf den zuvor empfohlenen seltenen Konsum moderater Mengen an Cannabis angepasst.
Sicherlich ist es auch kein Fehler, die Familiengeschichte des möglichen Kiffers sowie den Gesundheitszustand in den Blick zu nehmen. Menschen, in deren privatem Umfeld Psychosen oder Substanzmittelmissbrauch bekannt sind und natürlich auch schwangere Frauen, sollten vom Kiffen ganz Abstand nehmen.
Auch wenn die Wissenschaft der Erforschung des Cannabis erst am Anfang steht, d.h. die einstige Illegalität entsprechende Projekte erschwert hatte, kann man jetzt bereits vermuten, dass eine Kombination der genannten Risikofaktoren die mit dem Cannabiskonsum verbundenen Gefahren erhöht und damit zu vermeiden ist.
Wir haben die vom kanadischen Team vorgebrachten Kriterien eines möglichst risikoarmen Konsums vollständig dargestellt, da sie zum einen in der deutschen Literatur eingehend diskutiert wurden und daher auch den MPU-Instituten als Grundlage dienen können, zum anderen um Ihnen ein mögliches Verhaltensspektrum eines kontrollierten Kiffens und Trennens von Kiffen und Fahren vorzustellen.
Beurteilen Sie selbst, ob seine Umsetzung realistisch ist oder ob diese Vorschläge nur auf dem Papier existieren. Sie kennen Ihr früheres Verhalten und das Ihrer Freunde. Sie wissen, wie Sie die Wirkung beim Rauchen steigern konnten und Sie wissen, welche Mengen und welche Häufigkeit aufgrund der bei jeder Drogen einsetzenden Toleranzsteigerung erwünscht waren, um Sie oder Ihre Freunde in jenen angenehmen Flow zu bringen, der das Cannabis so attraktiv machte. Ist es wahrscheinlich, dass Sie auf diese Konsumweisen und -mengen verzichten, d.h. nach einem von Wissenschaftlern so deklarierten missbräuchlichen Konsum zu einer dauerhaften Einschränkung zurückkehren oder waren Sie und Ihre Freunde bereits an einen Punkt angelangt, wo es nur noch darum ging, den eigenen Konsum sich schönzureden, sich selbst hinsichtlich der Bedeutung, welche das Cannabis im eigenen Leben schon gewonnen hatte, zu belügen und den Moment der Entscheidung, von der Sie ahnten, dass Sie im Verzicht liegen müsste, nach hinten zu schieben?
Ähnlich wie beim Alkohol eignet sich der reduzierte Konsum und das Trennen der kritischen Substanz vom Fahren nur für eine bestimmte Personengruppe moderaterer Konsumenten, und ähnlich wie dort werden viele Betroffene es vorziehen, ganz auf das Suchtmittel zu verzichten, bevor überhaupt das Projekt eines kontrollierten Konsums angedacht werden kann. Gleichwohl ist zu erwarten, dass Gutachter sich an jene Verhaltensstrategien anlehnen, wenn Abstinenz nicht das Ziel der eigenen Abkehr vom vormaligen Missbrauch = der Veränderung ist.
Sicherlich lassen sich diese Strategien unserer kanadischen Expertengruppe noch ergänzen, d.h. Ihre Vermeidung kann die Konsummotive, die Konsumanlässe bzw. den sozialen Rahmen, in welchem Sie konsumieren und die differenzierte Kenntnis von potentiellen Rückfallsituationen oder – wie man sich ausdrückt – Glatteisstellen umfassen, welche Ihre Kontrolle gefährden, und gerne bin ich bereit, dies in einer Schulung mit Ihnen individuell abgestuft zu erfassen. Über die Gefahren dieser Herangehensweise, selbst wenn sie noch so gekonnt vorgetragen ist, sind Sie auf diesen Seiten ausreichend informiert. Denn ob Ihre Strategie glaubhaft ist und tragfähig, mithin, ob zu erwarten ist, dass Sie sie nicht nur kennen, sondern im Kontext beliebiger persönlicher oder sozialer Verführungssituationen auch umsetzen werden, entscheidet der Gutachter. Eine Rückfallgefahr besteht bekanntlich immer, selbst im Falle einer Abstinenz, doch wird sie dort, da sie mit einer inneren Distanzierung von der Droge und einer entsprechenden Willensstärke einhergeht, als niedriger eingestuft. So ist denn auch verständlich, dass das kanadische Modell vor individuellen Risiken jeglichen Cannabiskonsums warnt und lapidar ausführt: „The most effective way to avoid the risks of cannabis use is to abstain from use“ was ich gerne so übersetze: „Der effektivste Weg, die Risiken eines Cannabisgebrauchs zu vermeiden ist es, auf diesen Gebrauch zu verzichten.“[11]
Ich denke, wir sträuben uns damit auch nicht mehr gegen die Einsicht, dass der effektivste Weg zu einem positiven Gutachten eben besagte Abstinenz ist. Ich empfehle Ihnen diesen Weg nicht nur, damit Sie mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit an den Führerschein kommen. Ich lege ihn Ihnen auch nahe, um eine wichtige persönliche Erfahrung anzustoßen, die Sie als Mensch bereichern wird. Denn ganz unabhängig davon, ob Sie dauerhaft ohne Cannabis leben oder später doch wieder kiffen wollen, gilt, dass Sie – falls Sie eine bestimmte Zeit lang regelmäßiger gekifft haben – was ja für die überwiegende Mehrzahl der Menschen zutrifft, die mich in der Cannabissache um Rat bitten –, mit der Abstinenz einen Schritt gehen, der Ihnen neue Räume des Empfindens öffnet. Sie werden, alleine auf sich, Ihren Körper und Ihre Seele gestellt wahrnehmen, dass Sie sich wieder vertrauen können und stärker sind als eine Droge, von der Sie sich einst haben manipulieren lassen, der Sie gestattet haben, eine (zu) wichtige Rolle in Ihrem Leben einzunehmen.
Viele meiner Klienten erleben die Phase der Rehabilitation als Befreiung, als wichtigen Bestandteil eines selbstbestimmten Lebens und zwar ganz unabhängig davon, ob sie diesen Weg längerfristig oder gar auf Dauer weitergehen wollen oder nicht. Gönnen Sie auch sich diese Erfahrung der Abstinenz und kehren Sie zurück zu jenem Erleben, dass Sie vor Ihrer Cannabiszeit hatten, als Sie als junger Mensch ohne diese Droge auskamen. Holen Sie sich im Erleben der Drogenfreiheit auch die seelische Freiheit zurück, verantwortlich entscheiden zu können, ob und wenn ja, in welcher Form Sie kiffen wollen und wie sich Ihr Leben künftig gestalten soll. Die Freiheit der Entscheidung bleibt Ihre, genauso wie die Chance einer wichtigen Neuerfahrung.
Mit dem risikoarmen Konsum haben Sie freilich nur den ersten Teil einer erfolgreichen Vermeidungsstrategie geltend macht. Jetzt ist es an Ihnen darzulegen, dass Sie auch entsprechend lange warten werden, bevor Sie fahren, d.h. dass Sie die relevanten Karenzzeiträume kennen und einhalten. Gerne gebe ich Ihnen auch hier einige Hinweise.
Die deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologe und Verkehrsmedizin hat Mitte 2024 Empfehlungen ausreichender Wartezeiten für die Verkehrsteilnahme nach dem Konsum von Cannabis gegeben, denen wir uns hier anschließen dürfen. Es muss nicht eigens betont werden, dass präzise Angaben nicht möglich sind, da alles von der Qualität, der Menge und der Häufigkeit des Konsums abhängt, und insbesondere die Aufnahmedosis des Cannabis nicht sicher bestimmt werden kann. Auch macht der logarithmische Abbau dieser Droge eine zuverlässige Berechnung hoch komplex, was die Gefahr einer Fehleinschätzung bei geringer Abweichung der kritischen Parameter mit sich bringt.
Um die Abhängigkeit der Nachweisbarkeit des THC nicht nur vom letzten Konsum und der dabei konsumierten Menge, sondern auch von den Konsumgewohnheiten zu berücksichtigen, gibt der Berufsverband unterschiedliche Empfehlungen bei gelegentlichem und regelmäßigem Konsum des Cannabis heraus.
Er liegt vor, wenn zwischen dem Einzelkonsum von Cannabis mehrere Tage liegen, wenn dabei nur moderate Mengen eingenommen werden und man nur einmal pro Konsumanlass kifft, was konkret bedeutet, dass bei einem Cannabisprodukt von 10% Wirkstoffgehalt die Konsummenge von 0.25g Cannabis oder 25mg THC nicht überschritten wird. In diesem Fall fällt der THC-Wert auf 0, bevor erneut gekifft wird. Auch ist zu unterstellen, dass keine psychische Abhängigkeit vorliegt, da man stark genug war, eine Pause einzulegen.
Bei gelegentlichem Konsum ist zu erwarten, dass nach 6 – 7 Stunden der THC-Wert im Blutserum auf unter 1 ng/ml fällt, nach 3 – 5 Stunden sollte der neue Grenzwert von 3.5 ng/ml unterschreitbar sein.
Da freilich diverse Faktoren mitspielen, wie die Packdichte, die Temperatur des Joints, die Inhalationstiefe sowie eine individuell schwankende biologische Abbaugeschwindigkeit, wird empfohlen, erst nach 12 Stunden Wartezeit autozufahren, um „grundsätzlich auf der sicheren Seite“ zu sein.
Sollte Ihnen aber der Wirkstoffgehalt des Cannabis nicht bekannt sein oder sollten Sie es nicht bei einem Joint bzw. dem oben erwähnten moderaten Konsum belassen haben, oder sollten Sie – was ja aus gesundheitlichen Gründen empfohlen worden war – das Cannabis oral, etwa als Cookie zu sich genommen haben, was die Aufnahme verzögert, wäre erst 24 Stunden nach dem Konsum eine Autofahrt in Betracht zu ziehen.
Er liegt vor, wenn mehrfach die Woche, jedoch noch nicht täglich das Cannabis eingenommen wird. Hier kann es zu einer Depotbildung im Körper und zu einer Rückresorption kommen, was die Bestimmung sicherer Wartezeiten verkompliziert. Falls moderate Konsummengen unterstellt werden können, sollte nach 3 bis 5 Tagen der THC-Wert unter 3.5 ng/ml liegen. „Bei täglichem oder mehrfach täglichem Hochkonsum ist eine Verkehrsteilnahme in der Regel grundsätzlich ausgeschlossen und sollte erst nach einer längeren Abstinenz über mehrere Wochen wieder in Erwägung gezogen werden.“[12]
Soviel zu den erforderlichen Wartezeiten nach Cannabiskonsum. Sie kennen jetzt das besondere Risiko, welches mit der Einnahme dieser Droge verbunden ist und können entscheiden, ob Sie den Weg eines wie auch immer gearteten Cannabisgenusses und der Trennung von Kiffen und Fahren gehen wollen.
Durch die Neufassung des Cannabisgesetzes hat sich die Beurteilung dieser Droge und ihr Verhältnis zur Fahreignung einschneidend und unwiderruflich verändert. Cannabis ist kein Betäubungsmittel mehr, sein Konsum in gelegentlicher, ja selbst in regelmäßiger Form stellt für sich betrachtet die Fahreignung nicht in Frage. Damit sind sowohl die Behörden als auch die Fachgesellschaften und MPU-Institute herausgefordert, neue Antworten zu finden, welche die Freiheit des Bürgers mit der Notwendigkeit der Verkehrssicherheit in Einklang bringen.
Wie Sie legal an das Cannabis kommen, hat Ihnen der Gesetzgeber in mehr oder weniger engen Grenzen vorgeschrieben. Hinsichtlich der Fahreignung gilt, dass der reine Konsum nur im seltenen Falle einer körperlichen Cannabisabhängigkeit zum Problem wird. Ansonsten sind üblicherweise zwei Fahrten mit einem THC-Wert von über 3.5 ng/ml erforderlich, um eine MPU auszulösen. Gleichwohl gibt es eine Reihe umstrittener Zusatztatsachen oder Hinweise, die bereits bei einer Fahrt eine MPU bedingen. Ihre Umsetzung hängt von der Behörde ab, genauer: jenen internen Festlegungen, denen Ihr Sachbearbeiter folgt. Es dürfte eine erhebliche Zeit, d.h. mehrere Jahre dauern, bis diese Kriterien durch Gerichtsurteile und sonstige Ergänzungen rechtssicher ausformuliert sind.
Hinsichtlich des Konsums haben Sie in einer MPU, falls Sie denn angeordnet wird, zwei mögliche Strategien. Sie können Abstinenz belegen oder einen moderaten Konsum mit einer Trennung von Kiffen und Fahren geltend machen. Freilich hängt die Erfolgswahrscheinlichkeit jeder dieser Strategien an Ihrer Vorgeschichte, d.h. der Fahrerlaubnisakte, auf der einen Seite und der Beurteilung der Schwere Ihres Falls durch den Gutachter auf den anderen Seite.
Letztlich wird eine Kombination beider Faktoren entscheiden, mit welcher Strategie Sie den Führerschein behalten oder wieder erhalten werden. In allen Fällen dürfte die Abstinenzstrategie der sicherere Weg zur Fahrerlaubnis sein, wobei je nachdem, ob Sie ein moderaterer oder heftigerer Kiffer waren, ob Sie eine vergleichsweise kurze oder längere Zeit gekifft haben und ob andere Drogen inkl. der Alkohol mit ihm Spiel waren, Abstinenzzeiträume von 6 Monaten bis zu einem Jahr, ja sogar 15 Monaten diskutiert werden.[13] Nur die Rücksprache mit einem erfahrenen Verkehrspsychologen kann Ihnen hier Erfahrungswerte mitteilen, die gleichwohl bei kürzeren Abstinenzzeiten mit einem Restrisiko behaftet sind.
Das jetzt hitzig diskutierte Trennen von Kiffen und Fahren bei moderatem Konsum war sicherlich ein bedeutender Schritt in Richtung auf eine rechtliche Gleichstellung von Alkohol und Cannabis, mithin einer Entkriminalisierung der letztgenannten Droge. Seine Umsetzung hängt jedoch an einer Reihe von Faktoren, deren Erfüllung nicht immer gegeben ist und auch nicht trivial in der MPU geltend gemacht werden kann. Denn ähnlich wie beim Alkohol kann ein Gutachter nicht nur bei Vorliegen einer körperlichen oder psychischen Abhängigkeit, sondern bereits im Falle eines bloßen Konsummissbrauchs eine Abstinenz von Ihnen verlangen, obwohl doch der Konsum beider Drogen legal ist. Hierbei werden Kriterien, die Sie nicht beeinflussen können, eine Rolle spielen wie etwa die innere Bindung an die Droge, die Konsumhäufigkeit und -menge in der Vergangenheit sowie die Konsummotive, des weiteren die Einschätzung Ihres Charakters, Ihrer Willensstärke und Ihrer Ambitionen, das Neue auch umzusetzen. Es geht mithin um die Frage, ob Sie kontrolliert kiffen und dann auf das Autofahren verzichten können und um die Frage, ob Sie dies auch wollen.
Einzig der Gutachter einer MPU bestimmt, wie er diese Fragen in Ihrem Fall beantwortet, d.h. ob bei Ihnen eine Trennung von Kiffen und Fahren bei moderatem Konsum noch verantwortet werden kann oder ob eine Abstinenz erforderlich ist. Ihnen bleibt damit die Aufgabe zu entscheiden, welche Vermeidungsstrategie Sie sich zutrauen und welches Restrisiko Sie bereit sind in Kauf zu nehmen. Wenn Sie auf die Fahrerlaubnis angewiesen sind und die Gefahr eines negativen Gutachtens minimieren wollen, sollten Sie sich für die Abstinenz entscheiden und abklären, welcher Zeitraum in Ihrem Fall erforderlich ist. Gerne helfen ich Ihnen dabei. Falls Sie bei ehrlicher Selbstbetrachtung davon ausgehen dürfen, dass Sie ein leichterer Cannabisfall sind, einer etwa, der über einen kürzeren Zeitraum hinweg moderat gekifft hat, der das Cannabis mochte ohne es wirklich zu brauchen, und der auch in Zeiten des Konsum vielfältige Interessen und Kontakte jenseits des Kiffens hatte, könnte eine Trennung von Kiffen und Fahren in Betracht kommen.
Dies alles ist für einen Außenstehenden sicherlich nicht leicht zu beurteilen. Gönnen Sie sich daher den Kontakt mit einem qualifizierten Verkehrspsychologen. Berichten Sie ihm ehrlich über Ihre Vergangenheit und erarbeiten Sie gemeinsam mit ihm einen Plan, wie Sie wieder an den Führerschein kommen. Denken Sie dabei immer auch daran, dass der Führerschein nur ein Teil Ihres Lebens ist. Andere Aspekte können, wenn Sie den Cannabiskonsum reduzieren oder ganz einstellen, hinzukommen. Mit dem relativen oder absoluten Verzicht auf diese faszinierende Droge eröffnen sich Ihnen neue Möglichkeiten. Sie werden sich selbst und Ihre Freunde anders wahrnehmen und Sie werden Ihr Leben auf je eigene Weise neu ausrichten. Sie werden mit einem Wort sich selbst überraschen und von der Veränderung am meisten profitieren. Gerne bin ich auf diesem Weg Ihr Berater, der Sie nicht moralisch verurteilt, sondern Ihnen hilft, sich selbst zu verstehen und in der MPU erfolgreich zu sein.
Kaum ein Thema hat die Gemüter so erhitzt wie die Frage, wie das Medizinalcannabis aus Sicht der Fahreignung zu beurteilen ist und kaum eines hat bei seiner Beantwortung so Vieles offen gelassen. Versuchen wir, wenigstens einen Überblick zu gewinnen und herauszufinden, unter welchen Umständen man diesen Weg gehen kann oder sollte und wann davon abzuraten ist.
Kompliziert wird der Sachverhalt dadurch, dass es echte und unechte Fälle der Nutzung von Medizinalcannabis gibt. Bei den echten Fällen liegt eine klare Diagnose vor, eine sinnvolle ärztliche Verschreibung und eine glaubhafte, reflektierte Nutzung. Bei den unechten Fällen ist die Diagnose vorgeschoben oder aus dem Internet wunschgemäß erzeugt; die Verschreibung soll helfen, leichter und kostenfrei an das Cannabis zu kommen, der Konsum dient dem Genuss und könnte das sonst auf anderen Wegen erhaltene Cannabis ergänzen.
Niemand will Ihnen unterstellen, dass Sie zu jener Gruppe der Personen gehören, die mit der Möglichkeit des ärztlich verordneten Cannabis spielen ohne wirklich krank zu sein, aber niemand wird in einer MPU die Möglichkeit ausschließen, dass eine solche missbräuchliche Nutzung vorliegt.
Für Sie ist es daher wichtig zu wissen, wie das Medizinalcannabis von Behörden und Gutachtern beurteilt wird und welche Auflagen dabei zu erfüllen sind. Wie bei allen Themen, die wir auf dieser Webseite berührt haben, bin ich auch hier gerne bereit, Ihnen meine individuelle Einschätzung Ihrer Sachlage zu geben. Da die offizielle Nutzung des Medizinalcannabis mit einem nicht unerheblichen rechtlichen Eingriff in den Status Ihrer Person einhergeht, sollten Sie sich gut überlegen, ob Sie diesen Weg gehen wollen oder aus gesundheitlichen Gründen gehen müssen, oder ob Sie nicht auf legale Weise einfacher an das Cannabis herankommen. Auch wirft der medizinische Gebrauch des Cannabis komplexe Fragen auf wie etwa die des erlaubten Grenzwerts beim Fahrens unter dem Einfluss der Droge oder die Ihrer Kenntnis, wann und in welcher Dosierung Sie welche der verschriebenen Produkte nehmen dürfen, ohne Andere zu gefährden. Sehen wir uns also die alte und die neue Rechtslage an.
Bereits in der Vergangenheit hatte der Gesetzgeber die Möglichkeit eingeräumt, Cannabis legal als Medikament zu konsumieren und dann unter bestimmten Umständen auch am Straßenverkehr teilzunehmen. Diese prinzipielle Öffnung hin zum Konsum und zur Verkehrsteilnahme war jedoch an enge Grenzen gebunden, die vielfach nicht erfüllt werden konnten.
Banal war die Tatsache, dass der Aspirant auf die medizinische Nutzung unserer Droge eine sichere Diagnose, eine klare Verschreibung und ein zuverlässiges Konsumverhalten an den Tag legen bzw. in der Begutachtung vorweisen musste. Weniger banal war es, dass der Betreffende nur dann in das Privileg dieses Konsums kam, wenn er therapeutisch alle anderen Möglichkeit ausgeschöpft hatte. Man nannte dies das Ultima-Ratio-Prinzip und war sich – unausgesprochen – darüber im klaren, dass damit ein entscheidendes Argument gegen den Einsatz des Cannabis als Arzneimittel geschaffen war. Insbesondere hatten Ärzte und Psychologen in den MPU-Instituten, welche die Einhaltung dieses Prinzips zu überprüfen hatten, ein enormes Machtmittel an der Hand, den medizinischen Gebrauch des Cannabis abzulehnen, da ja kaum irgendjemand alle gängigen Therapien erfolglos ausprobiert hatte, bevor das Cannabis zum Zug kam. Natürlich gab es solche Klienten und natürlich gab es für sie auch positive Gutachten, doch war die Umsetzung jenes Prinzips erheblichen Schwankungen ausgesetzt. So sträubte sich eine Fahrerlaubnisbehörde bei einem positiven ärztlichen Gutachten gegen die Erteilung der Fahrerlaubnis, während andere der ärztlichen Empfehlung klaglos folgten, auch waren MPU-Institute in der Beurteilung dieser Fälle unterschiedlich streng.
All dies ist nun durch die neue Gesetzgebung über den Haufen geworfen, denn zum einen hat sich das Medikamentenprivileg durchgesetzt, zum anderen ist das Ultima-Ratio-Prinzip gefallen. Jedem Bürger steht es somit frei, nach ärztlicher Verschreibung jenes Medikament einzunehmen, für das er bzw. der Arzt sich entschieden haben. Auch ist es hierbei nicht mehr erforderlich nachzuweisen, dass andere Therapien gescheitert sind.
Des weiteren hat es der Gesetzgeber verabsäumt, einen oberen Grenzwert für die erlaubte Teilnahme eines Medizinalcannabispatienten am Straßenverkehr festzulegen. Sie haben richtig gehört. Während das in der Freizeit legal konsumierte Cannabis nur unter dem Grenzwert von 3.5 ng/ml fahreignungsunschädlich war, zählten bei Medizinalcannabis die bestimmungsgemäße Einnahme und der Nachweis, dass bei welchem Grenzwert auch immer in diesem Fall das Reaktionsvermögen soweit gegeben war, dass eine Einschränkung der Fahreignung nicht vorlag.
Konkret bedeutet dies, dass ein Bürger, dessen Krankheitsdiagnose und Verschreibung den erforderlichen Kriterien ärztlicher Seriosität genügt, dann auch mit einem höheren Wert als 3.5ng/ml legal autofahren darf, wenn die Umstände des Konsums abgeklärt und ein ausreichendes Reaktionsvermögen sichergestellt sind.
Diese Sicherstellung erfolgt im Rahmen eines fachärztlichen Gutachtens (oder in bestimmten Konstellationen einer MPU, die neben dem Arzt zusätzlich den Psychologen vorsieht). Der Klient wird angehalten, das vom Arzt verschriebene Cannabis auch in den Tagen vor der Untersuchung bestimmungsgemäß einzunehmen. Er wird dann unter Medikation an die Testbatterie gesetzt. Wenn er dort ausreichend schnell bzw. ausreichend sorgfältig reagiert = die Mindestleistungsvoraussetzungen erfüllt, kann man berechtigterweise davon ausgehen, dass auch beim Autofahren die erforderliche Befähigung gegeben ist.
Interessant wird der Fall dann, wenn neben dem Antrag auf Medizinalcannabis eine frühere illegale Cannabisfahrt vorliegt und der Klient geltend macht, dass er auch damals das Cannabis benutzt hat, um seine Krankheit selbst zu therapieren, jetzt aber den Weg der korrekten Verschreibung gehen will.
Sehen wir uns einmal etwas genauer an, wie die Fahrerlaubnisbehörde und wie Gutachter eines MPU-Instituts in einem solchen Fall reagieren und gehen wir dann der Frage nach, welcher Weg für Sie der richtige ist. Wie schon zuvor, möchte ich aber vor allem hier eine Warnung vorausschicken. In Anbetracht der Tatsache, dass vieles ungeklärt ist, d.h. die behördliche und gutachterliche Praxis in den Anfängen der neuen Rechtslage steht, dürfen wir die Vorläufigkeit der Betrachtung und die Notwendigkeit einer beständigen Weiterverfolgung der Entwicklung nicht aus dem Auge verlieren. Was heute gilt, kann morgen überholt sein. Nur der enge Kontakt mit einem Verkehrspsychologen lässt erwarten, dass Sie auf der richtigen Bahn sind. Und nur das eine oder andere Telefonat mit der Behörde oder Ihrem Begutachtungsinstitut kann sicherstellen, dass Sie nicht ins offene Messer laufen bzw. dass Sie die Kriterien einer legitimen Nutzung des Medizinalcannabis (selbst bei Vorliegen eines früheren illegalen Konsums bzw. einer unter diesem erfolgten Verkehrsteilnahme) erfüllen.
Zunächst wollen wir davon ausgehen, dass nicht jeder ärztlich verordnete Konsum von Cannabis der Behörde bekannt wird. Denn zum einen stehen Ärzte und Kliniken unter Schweigepflicht, zum anderen wird die Polizei nur dann auf Ihren Fall aufmerksam, wenn bei der Fahrt Ausfallerscheinungen festgestellt werden. Konkret bedeutet dies, dass der Betreffende entweder einen Patientenausweis oder ein Rezept im Handschuhfach bereit hält und dem Polizeibeamten mitteilt, er sei Cannabispatient. Oft darf der dann weiterfahren, da von einer bestimmungsgemäßen Einnahme des Cannabis, die nicht auf das Verhalten durchschlägt, auszugehen ist. Nach Ansicht mancher Anwälte fehlt hier ein begründeter Anfangsverdacht für eine Drogenfahrt, auch sei eine Blutabnahme unzulässig. Und tatsächlich hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) in einem maßgeblichen jüngeren Urteil darauf hingewiesen, dass dieses Durchwinken allgemeiner Praxis entspricht. Nur im Falle von Ausfallerscheinungen kommt es zu einer Blutprobe, d.h. einem medizinischen Wert, der in die Hände der Fahrerlaubnisbehörde fallen kann.[14]
Erfährt also die Fahrerlaubnisbehörde, dass ein Kraftfahrer unter Einfluss von Cannabis am Straßenverkehr teilgenommen hat, wird sie, da sie zumeist detaillierte Kenntnis von dem Vorfall nicht hat und etwa nicht wissen kann, um welche Art von Konsum es sich handelt, eine sog. Anhörung verschicken, in welcher der Betroffene aufgefordert wird, sich zu dem Sachverhalt zu äußern.
Gehen wir davon aus, dass der Genannte der Behörde in dieser Anhörung mitteilt, dass er Medizinalcannabispatient ist und daher legitim unter der ärztlich verordneten, bestimmungsgemäßen Menge Cannabis mit dem Auto gefahren ist.
Die Behörde wird gemäß dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit bzw. des geringsten erforderlichen Eingriffs in die Rechte des Bürgers den Klienten oder den behandelnden Arzt um die Beantwortung von Fragen zur Krankheit und Verordnung bitten sowie Atteste einfordern. Liegen diese Unterlagen vor, könnte die Behörde wie bei anderen Erkrankungen die Sache im Prinzip zu den Akten legen. Da aber eine Fahrt unter Drogen aktenkundig ist, wird sie den Betreffenden im allgemeinen auffordern, ein fachärztliches Gutachten einer anerkannten Begutachtungsstelle vorzulegen.
In dieser Begutachtung werden Sie dem Arzt des MPU-Instituts ausführlich Rede und Antwort stehen müssen, d.h. differenziert nachweisen müssen, dass nicht nur eine durch Cannabis sinnvoll behandelbare Krankheit vorliegt bzw. Sie auf legale Weise an die Verschreibung gekommen sind, sondern dass Sie ausreichend informiert sind, das Medikament bestimmungsgemäß einzunehmen. Oft schickt das Begutachtungsinstitut dem Betroffenen einen entsprechenden Fragebogen bereits vorab zu, den er dann in Abstimmung mit der Stellungnahme des verschreibenden Arztes ausfüllen kann. Sollten Sie in diesem Stadium des behördlichen Vorgehens sich befinden, können Sie mich gerne anrufen und den Termin für eine Sprechstunde vereinbaren. Ich habe einen eigenen, detaillierten Fragebogen zu Medizinalcannabis erarbeitet, der jene Fragen beinhaltet, denen Sie sich am Tag des fachärztlichen Gutachtens stellen müssen und kann gerne mit Ihnen Ihre Antworten durchgehen. Wenn alles seine Ordnung hat, sollten Sie die Voraussetzungen für ein positives Gutachten erfüllen.
Bedeutsam ist freilich noch die Frage, ob bei Ihnen Dauer- oder Bedarfsmedikation vorliegt, d.h. ob Sie etwa als Schmerzpatient das Cannabis nur im Akutfall einnehmen und dann entsprechend den oben genannten Werten 6 bis besser 12 Stunden mit der Fahrt warten können oder ob Sie das Cannabis täglich einnehmen müssen. Auch eine Mischung aus beiden Dosierungen ist möglich, z.B. eine leichtere als Dauermedikament und eine stärkere als Akutmedikament. Hier wäre es nützlich, dass Sie mit dem Sie behandelnden Arzt absprechen, ab wann Sie nach Einnahme der Akutmedikation wieder fahren können.
Sollte das Trennen von Kiffen und Fahren in Anbetracht einer Dauermedikation nicht wirklich in Betracht kommen, würden Sie das Medikament auch am Tag und in den Tagen vor der fachärztlichen Begutachtung exakt nach Vorschrift einnehmen. Der Arzt oder Psychologe würden Sie dann an das Testgerät setzen, mithin an eine Art Computer, welcher Ihre Reaktionsfähigkeit überprüft. Ähnlich wie bei anderen Medikamenten auch geht man dann von einer legitimen Verkehrsteilnahme unter Cannabis aus, wenn Sie bei diesem Leistungstest ausreichende Werte erzielen.
Der Verwaltungsgerichtshof München[15] hat in Abstimmung mit den von den Fachgesellschaften erarbeiteten Beurteilungskriterien die Voraussetzungen für eine Verkehrsteilnahme unter einer ärztlichen Dauermedikation von Cannabis formuliert. So schließt zwar, analog zum legal erworbenen Cannabis, die regelmäßige Einnahme unserer Droge als Medikament die Fahreignung per se nicht aus, sie ist aber an klare Voraussetzungen gebunden.
Zunächst muss eine plausible Diagnose und eine auf ihr beruhende Indikation zur Verschreibung des Medikaments vorliegen, wobei beides in die Verantwortung des behandelnden Arztes fällt und nicht in einer Begutachtung überprüft bzw. in Frage gestellt werden darf. Sodann muss das Cannabis zuverlässig nach der ärztlichen Verordnung oder wie man sich ausdrückt „bestimmungsgemäß“ eingenommen werden, was bedeutet, dass der Betreffende keine Dosiserhöhung vornimmt oder parallel zum Medizinalcannabis legales Straßencannabis konsumiert (s.u.). Des weiteren ist keine dauerhafte Auswirkung des THC auf die Leistungsfähigkeit zu erwarten, wie etwa ein Nachlassen der Fitness durch Müdigkeit oder Erschöpfung. Wir hatten oben bereits gesehen, dass dies durch ausreichende Ergebnisse am Reaktionstestgerät sichergestellt wird. Dann wiederum weist die Grunderkrankung selbst bzw. ihre Symptomatik keine verkehrsmedizinisch bedeutsame Ausprägung auf, d.h. es kommt beispielsweise nicht zu anfallsartigen Bewusstseinseintrübungen oder einem plötzlichen Nachlassen des körperlich-geistigen Leistungsvermögens. Und schließlich ist der Patient in der Lage, in Risikosituationen, in denen er sich – etwa aufgrund einer höheren Bedarfsmedikation, einer stärkeren Akutwirkung der Erkrankung oder eines Nachlassens der Medikamentenwirkung – vorübergehend beeinträchtigt fühlt, nicht am Straßenverkehr teilzunehmen, wozu eine entsprechende Aufklärung des Arztes sowie eine daran angepasste sorgfältige Eigenbeobachtung unabdingbar sind.[16]
Weitere Aspekte, wie etwa die erforderliche Krankheitseinsicht, die regelmäßige Betreuung und Rücksprache mit dem behandelnden Arzt, falls sich Veränderungen in der Symptomatik oder Medikamentenwirkung ergeben und die Notwendigkeit einer kontrollierten Einstellungsphase der Medikation, die schließlich in eine stabile Dosierungsphase übergeht, bespricht der Fragebogen, den ich für Sie vorbereitet habe. In ihm können wir Ihren Einzelfall detailliert durchgehen und die in der Begutachtung zählenden Antworten ausarbeiten.
Hinsichtlich des Alkohols gibt es in den Beurteilungskriterien und in dem zuletzt zitierten Gerichtsurteil des Münchner Verwaltungsgerichtshofs[17] eine Sperrklausel, die bis auf weiteres Bestand haben dürfte. So wird ausgeführt, dass ein Mischkonsum von Medizinalcannabis und Alkohol aufgrund der zu erwartenden Wirkungsverstärkung des THC durch den Alkohol als missbräuchliche Einnahme gewertet wird und die Fahreignung ausschließt. Entscheidend ist hierbei interessanterweise nicht die gleichzeitige Einnahme, d.h. der zeitliche Aspekt, sondern die kombinierte Rauschwirkung = der wirkungsbezogene Aspekt. Dies bedeutet offenbar, dass, wenn eine Dauermedikation vorliegt, d.h. der THC-Wert nicht auf 0 absinkt, jeglicher Alkoholkonsum tabu ist.
Falls das Cannabis hingegen ausschließlich als Bedarfsmedikation eingenommen wird, d.h. Sie die oben angeführten Wartezeiten einhalten, könnte ein kontrollierter Umgang mit Alkohol denkbar sein. Sie würden dann nicht nur mit dem Alkoholkonsum warten, bis Sie nicht mehr unter dem Einfluss des THC stehen und umgekehrt. Sie würden zudem mit dem Autofahren warten, bis Sie keine der beiden Substanzen mehr im Blut haben. Leider haben weder die Beurteilungskriterien noch der Verwaltungsgerichtshof München diesen Aspekt des kontrollierten Alkoholkonsums bei einer ausschließlichen Bedarfsmedikation befriedigend beantwortet, so dass ich Ihnen in jedem Fall die sichere Alkoholabstinenz empfehle, wobei ein Beleg von drei Monaten vor der Begutachtung, falls sonst kein Hinweis auf einen Alkoholmissbrauch gegeben ist, als ausreichend angesehen wird.[18]
Kehren wir jetzt zu dem für Sie vielleicht besonders interessanten Fall einer Verschreibung des Medizinalcannabis nach vorheriger illegaler Cannabisfahrt.
In einem solchen Fall wird die Behörde zwar zunächst ähnlich wie im ersten Fall reagieren, d.h. sich nach der obligatorischen Anhörung über ein ärztliches Gutachten die Hintergründe Ihres Anliegens besorgen. Sie wird jedoch zumeist – auch wenn das ärztliche Gutachten positiv ist – zusätzlich eine MPU anordnen. Denn neben der Frage, ob Sie krank sind und das Medikament auch legitim nehmen dürfen, steht die Frage im Raum, warum Sie damals illegitim unter Cannabis gefahren sind und wie Sie das künftig vermeiden können.
Machen wir uns nichts vor. Die Behörde wird in einem solchen Fall, ohne dies Ihnen so direkt mitteilen zu müssen, davon ausgehen, dass die Medizinalcannabisdiagnose nur vorgeschoben ist und Sie entweder sich das Cannabis kostengünstig über Rezept verschreiben lassen wollen oder sogar legal unter einem höheren Grenzwert fahren wollen. Denn wie soll man – wenn man von polizeilichen Ermittlungen absieht, die etwa im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung bei Ihnen nicht-medizinales Cannabis finden – feststellen, ob Sie das Medikament oder das Freizeitcannabis eingenommen haben? Noch lässt sich anhand des hier relevanten Blutwerts die Herkunft des Cannabis nicht nachweisen.[19]
Damit steht und fällt alles mit der MPU und der Einschätzung des Psychogen bzw. Arztes, die entscheiden müssen, ob Ihr Fall nachvollziehbar ist bzw. ob bei Ihnen der Übergang vom (evtl. ehemals illegalen) Freizeitkonsum zum legalen, ärztlich verordneten Konsum möglich ist.
Gehen wir der Frage nur kurz nach, wie ein Fall beurteilt wird, der beide Formen des Konsums geltend macht. Hierzu liegt das schon zitierte ausführliche Gerichtsurteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) vor, welches im Falle eines solchen Mischkonsums gegen den Antragsteller entschieden hat. Bedeutsam ist nämlich, dass die Einnahme des Cannabis außerhalb der ärztlichen Verordnung als missbräuchliche Einnahme des psychoaktiven Arzneimittels gewertet werden kann und eine gleichzeitige Einnahme von Freizeit- und Medizinalcannabis sich aufgrund der damit verbundenen fehlenden Konsumbeschränkung oder -kontrolle verbietet, jedenfalls aber die Rechtsprechung zum Freizeitcannabiskonsum aktiviert, da ja jetzt per se der Standardkonsum von Cannabis vorliegt, für welchen strenge Regeln des Trennens von Kiffen und Fahren gelten wie etwa der Grenzwert von 3.5ng/ml.
Nachdem Sie jetzt wissen, dass Sie das Cannabis ausschließlich bestimmungsgemäß einnehmen dürfen und jede Abweichung davon fatal sein kann, wollen wir die Frage wieder aufgreifen, wie sich die Fahrerlaubnisbehörde und das MPU-Institut zu Ihrem Fall stellen.
Die Behörde kann zwar Spekulationen über die Hintergründe Ihres Medizinalcannabiskonsums anstellen, Sie muss aber die Entscheidung, ob Sie Ihnen die Fahrerlaubnis erteilt, an ein MPU-Gutachten knüpfen. In diesem Gutachten werden zwei Aspekte entscheidend sein. Haben Sie zum einen den früheren (illegalen) Konsum überwunden, d.h. haben Sie alle Voraussetzungen erfüllt, die auch an einen Standardkonsumenten diesbezüglich gestellt werden, was bedeutet, dass Sie Ihre Drogenvergangenheit, Ihre Konsumgewohnheiten, die Motive des Konsums sowie Aspekte der Rückfallgefährdung und Vermeidungsplanung differenziert darlegen müssen? Ist der Übergang vom Freizeitkonsum zum medizinischen Konsum biographisch glaubhaft und toxikologisch nachvollziehbar?
Natürlich kann, wenn Ihre Erkrankung nachweislich in die Zeit des missbräuchlichen Konsums fällt, eine Art von Eigenverschreibung in Betracht kommen, doch ist klar, dass Standardverschreibungen, die man sich wohlfeil aus dem Internet herunterladen kann ohne Kenntnis der Qualifikation des entsprechendes Arztes, fehl gehen. Denn der Gutachter kann, wenn Ihre Geschichte erfunden oder konstruiert ist und sich die Erkrankung und die Notwendigkeit einer Verschreibung nicht vernünftig ergeben, den Fall negativ beurteilen. Es ist die Macht des Psychologen, all jene Argumente, die Sie vorbringen, fachlich zu werten.
Haben Sie Ihren einstigen Missbrauch aufgearbeitet? Kennen Sie die Motive Ihres damaligen Konsums und die Gefahren eines Umstiegs auf das Medikament? Lag bei Ihnen eine psychische Abhängigkeit vor, eine Toleranzsteigerung oder eine soziale Verführbarkeit, die einen kontrollierten Umgang mit der Substanz ausschließen? Ist eine Distanzierung von Ihrem früheren Leben gegeben oder besteht die Gefahr, dass Sie vom Medizinalcannabis zu einem unkontrollierten Cannabismissbrauch übergehen?
Argumente dieser Natur sind komplex in der Darstellung wie der Beurteilung. Sollte der Gutachter sein Entscheidungsprivileg dahingehend einsetzen, dass er bei Ihnen den Übergang von Freizeit- zu Medizinalcannabis als nicht stabil erachtet, wird die MPU, welche beide Aspekte werten muss, zu einem negativen Gesamturteil führen. Natürlich will ein solches Gutachten auch begründet sein, doch wird kaum jemand daran zweifeln wollen, dass ein geschulter Psychologe und Arzt die richtigen Argumente aus dem Ärmel schütteln können.
Dabei geht es nicht einmal darum, ob man Ihnen in der MPU per se, wenn Sie in besagte Gruppe fallen, negativ gegenüber steht. Es geht darum, dass der Gesetzgeber den Gutachter auffordert, die Frage der Verkehrssicherheit nach bestem Wissen und Wissen zu beantworten. Wer ehrlich und plausibel auf das Medizinalcannabis angewiesen ist, der hat auch das Recht, damit zu leben und gemäß den Sicherheitsbestimmungen zu fahren. Wer den eigenen Freizeitkonsum strategisch durch eine konstruierte Diagnose und Verschreibung aufbessern möchte, läuft Gefahr zu scheitern. Denn Psychologen sind geschult, Aussagen von Menschen auf Ihre Glaubhaftigkeit hin zu überprüfen. Sie nutzen die Körpersprache, die Kohärenz, das gesamte Auftreten, um einen Fall zu beurteilen und verlassen sich, wenn Sie erfahren sind, nicht nur auf das verbal Geäußerte. Auch wenn Sie also das „Richtige“ sagen, ist nicht garantiert, das dies für ein positives Gutachten hinreicht.
Natürlich gibt es andere Argumente, die in einem solchen Fall gegen den rein strategischen Ansatz des Medizinalcannabis sprechen. Fachkollegen weisen immer wieder darauf hin, dass Ihre Akte einen Eintrag mit diversen, nicht immer in den Folgen vorhersehbaren Konsequenzen enthält. Sie sind als Medizinalcannabispatient krank. Es mag sein, dass Sie diese Information auch Dritten, wie Versicherungen oder dem Arbeitgeber mitteilen müssen. Denn als Pilot oder Security-Mitarbeiter müssen Sie hohe Gesundheitsanforderungen erfüllen, die vielleicht mit einer wie auch immer gearteten Medikation nicht vereinbar sind.
Folgen Sie daher meinem einfachen Rat. Sollten Sie gesund sein, dann gehen Sie, wenn Sie kiffen möchten, den legalen, von der Gesellschaft Ihnen eingeräumten Weg, der von Ihnen verlangt, dass Sie mit Umsicht kiffen, Kiffen und Fahren sicher trennen und damit keine Gefahr für Dritte darstellen. In diesem Fall kommt es dann ja auch nicht zu einer Cannabisfahrt, d.h. Sie kommen nicht in Berührung mit dem Strafrecht der Gerichte und dem Eignungsrecht der Fahrerlaubnisbehörden.
Falls Sie das Cannabis benötigen, um Ihr Leben lebenswerter zu machen; falls Sie es auf klar festgelegte, mit dem Arzt abgestimmte Weise nehmen wollen, um die unbestrittene medizinische Wirkung dieser faszinierenden Substanz auf andere Weise zu erleben, im Sinne einer Linderung Ihrer Beschwerden, dann zögern Sie nicht, dieses Recht auch in Anspruch zu nehmen. Sie finden dann und nur dann in mir auch einen Begleiter, der Ihnen hilft, das fachärztliche Gutachten zu bestehen und Sie werden auch in Ihrer Fahrerlaubnisbehörde Mitarbeitern begegnen, die Ihnen dieses Privileg gönnen, denn längst schon haben Sie Dokumente und Belege eingereicht, die Ihren Fall transparent machen. Gerne unterstütze ich Sie auch als Cannabispatient auf Ihrem verdienten Weg zum Führerschein.