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Medizinische Nachweise im Drogenfall

 

Welche medizinischen Nachweise benötige ich für die MPU? Diese Frage ist für zwei Personengruppen leicht zu beantworten. Wenn Sie ausschließlich wegen Punkteverstößen oder aufgrund einer strafrechtlichen Fragestellung eine MPU ablegen müssen, benötigen Sie keine medizinischen Belege. Die Untersuchung ist immer anlassbezogen, d.h. die Führerscheinstelle legt fest, welche Themen in der Begutachtung gestattet sind.

Dies bedeutet, dass der Arzt, der Sie am Tage der Begutachtung untersucht, weder Blut abnehmen, noch ein Drogenscreening von Ihnen verlangen darf. Auch sind weder ihm noch dem Psychologen Fragen über möglichen Alkohol- oder Drogenkonsum gestattet.

In seltenen Fällen kann es vorkommen, dass der Psychologe oder Arzt in der MPU Sie bittet, einer Anlasserweiterung zuzustimmen. Sie müssen dies nicht tun, wollen aber auch nicht riskieren, deshalb in der Begutachtung in Nachteil zu kommen. Wenn Sie eine verkehrspsychologische Beratung bei mir oder einem Kollegen durchgeführt haben, sind diese Dinge vorab geklärt, d.h. Sie haben am Tag der Begutachtung keine Überraschung zu erwarten.

Somit benötigen nur Klienten, die wegen Alkohol- oder Drogenverstößen aufgefallen sind, medizinische Nachweise. Auf dieser Seite möchte ich Ihnen die Fallgruppe Drogen vorstellen. Wenn bei Ihnen ein oder mehrere Alkoholverstöße vorliegen, gehen Sie bitte auf die Seite „Medizinische Belege im Alkoholfall“.

Ausgangslage

Bei Drogenverstößen erscheint die Situation auf den ersten Blick sehr einfach: sie müssen Drogenabstinenz nachweisen. Sieht man sich jedoch etwas genauer in der Praxis der Begutachtungsstellen um, befragt man die Arten des Drogenkonsums und die Dauer der erforderlichen Abstinenz, so entsteht ein komplexeres Bild. Insbesondere im Falle ausschließlich nachgewiesenen Haschischkonsums wird die Sachlage verworren. Gerichte, Wissenschaftler und Begutachtungsstellen befinden sich auf der Suche nach einer klaren Formel, die bis heute nicht gefunden ist. Es ist auch in den folgenden Monaten und Jahren mit Veränderungen zu rechnen, die in Ihrem Fall einen wichtigen Unterschied ausmachen können.

Ich werde mit Ihnen die Möglichkeiten durchgehen, damit Sie sich selbst ein gründliches Bild machen können. In allen Fällen ist es zu empfehlen, die Sachlage mit einem Verkehrspsychologen zu besprechen. Denn nur die Prüfung des Einzelfalls kann klären, welcher Weg der Beste ist, welcher Nachweis unverzichtbar.

Welche Nachweise gibt es?

Prinzipiell haben Sie die Möglichkeit, Drogenabstinenz durch zwei Verfahren nachzuweisen. Sie können eine oder mehrere Haaranalysen beibringen und so für den erforderlichen Zeitraum Abstinenz belegen oder sie können dies mit Hilfe von Urinscreenings tun. Sehen wir uns diese Möglichkeiten an.

1. Haaranalyse

Hier haben Sie den Vorteil, auch für einen zurückliegenden Zeitraum Abstinenz belegen zu können. Wie Sie nicht anders erwarten werden, haben Wissenschaftler und Begutachtungsstellen sich eine Zeitlang nicht darauf einigen können, welche Haarlänge wie zu interpretieren sei. Während man zunächst davon ausging, dass 1 cm Haarlänge einem Monat entspricht, was eine milde Sicherheitsmarge beinhaltet, denn in Realität wächst Ihr Haar etwas schneller, haben findige Begutachtungsstellen ein Gegenargument vorgebracht. Da Haare ja nicht gleich schnell wachsen und man die Möglichkeit nicht ausschließen könne, auch langsam wachsendes Haar in der Analyse zu erhalten, sei ein vorsichtigeres Vorgehen angemessen. Im Zweifel seien die Werte zugunsten des „Angeklagten“ zu verwenden, was dann in der Praxis bedeutete, dass mit Werten von 6 bis 9 cm ein Jahr Abstinenz belegt seien. Auch einige Drogenlabore hielten sich an diese Vorgaben. Damit war natürlich im Wettbewerb um den Klienten ein entscheidender Vorteil erlangt, denn dieser suchte sich eben jene Begutachtungsstelle oder jenes Labor aus, welches bei vorliegender Haarlänge eine möglichst lange Abstinenz belegte. Dabei war dann paradoxerweise nicht die Haarlänge selber entscheidend, sondern der Zeitraum, den das Labor bestätigte bzw. den die Begutachtungsstelle verlangte.

Mit dieser Absurdität wurde inzwischen aufgeräumt und alle mir bekannten Begutachtungsinstitute sind wieder zur alten Formel zurückgekehrt. Auch die Fahrerlaubnisbehörden, die von sich aus ausreichende Drogenabstinenz fordern können, halten sich an diesen Grundsatz.

Wenn Sie also schon längere Zeit drogenabstinent leben und sonst keine Belege vorzuweisen haben, dann können Sie rückblickend wertvolle Abstinenzzeit gewinnen. Gehen wir für den Augenblick von einer Standardabstinenzzeit von einem Jahr aus, welche sie belegen müssen. Dann wird Ihnen jeder Zentimeter Haupthaar einen Monat Nachweis erbringen. Wie sollen Sie in diesem Fall vorgehen?

Erinnern Sie sich daran, wann sie definitiv zuletzt illegale Drogen eingenommen haben? Gehen Sie dann zum Haaranalytiker, d.h. einem forensisch anerkannten Institut und fragen Sie in der Sprechstunde, wie Sie vorzugehen haben. Es mag sein, dass der Analytiker Ihnen eine gewisse Sicherheitsmarge empfiehlt, d.h. Ihnen zwar eine Haarprobe der vollen Länge abnimmt, diese dann aber entsprechend für die Analyse kürzt. Es mag auch sein, dass er Ihnen empfiehlt, die Haare noch etwas wachsen zu lassen, bis Sie die Analyse riskieren. Denn – und dies macht die Haaranalyse bis zu einem gewissen Grade heikel: man kann, wenn man eine bestimmte Haarlänge analysiert, nicht mehr feststellen, wo sich Drogenreste befanden. Konkret heißt das, dass nur absolut drogenfreies Haar für die Analyse verwendet werden darf.

Sie müssen Sich darüber aber nicht sorgen, denn Haaranalytiker haben eine große Erfahrung darin, welches Haar sie für die Analyse verwenden und welches Restrisiko etwa zu langsam wachsender Haare sie dabei ausschließen. Bei dieser Gelegenheit oder bereits telefonisch vorab können Sie sich informieren, welche Manipulationen am Haar man Ihnen nicht empfiehlt. Denn – davon haben Sie sicherlich bereits gehört – könnte es sein, dass Sie durch entsprechend geschickte chemische Bearbeitung des Haares Ihr Haar unanalysierbar gemacht haben. Fragen Sie einfach den Haaranalytiker, denn die Wissenschaft entwickelt sich auch in diesem Bereich bestädig weiter – was Sie mit Ihrem Haar machen dürfen und was nicht. Sie wollen auf alle Fälle verhindern, dass der Haaranalytiker sich später weigert, Ihnen die Abstinenz zu bestätigen.

Alternativ bieten Ihnen die meisten Begutachtungsstellen an, die Haaranalyse erst am Tag der Begutachtung vor Ort durchzuführen. Sie können, müssen dies aber nicht tun. Ich empfehle Ihnen, dass Sie kurz vor der Begutachtung – als idealer Zeitraum seien hier etwa 3 Wochen genannt, damit das Ergebnis noch vorliegt – selbst eine Haaranalyse bei einem anerkannten neutralen Institut, es muss dies nicht die Begutachtungsstelle sein, in Auftrag geben. Sie erhalten dann nach etwa zwei Wochen, also noch rechtzeitig vor der Begutachtung das Ergebnis und können beruhigt in die MPU gehen. Fälle, von denen immer wieder berichtet werden, dass nämlich nachträglich die Haaranalyse ein positives Ergebnis brachte, was bedeutet, dass die gut 700 Euro für die MPU zum Fenster herausgeworfen waren, lassen sich so vermeiden.

Bleibt noch die Frage, wie viele Haaranalysen Sie vorbringen müssen. Früher galt eine Haarprobe von bis zu 12 cm als aussagekräftig, was bedeutete, dass Sie mit einer Haaranalyse zum Nachweis eines Jahres Drogenfreiheit auskamen. Heute werden nur noch 6 cm maximale Haarlänge akzeptiert. Sie benötigen zum Abstinenznachweis von einem halben Jahr somit eine Analyse von 6 cm Kopfhaar, zum Nachweis eines ganzen Jahres zwei solcher Analysen, die unmittelbar aufeinander folgen sollten, um keinen unbelegten Zwischenzeitraum aufkommen zu lassen. Damit kommen wir zur zweiten Nachweismethode, die Ihnen die volle Freiheit der Haartracht belässt.

2. Urinscreenings

Es ist auch möglich, die erforderliche Abstinenz durch Urinscreenings nachzuweisen, wobei ein Nachweisverfahren genügt. Niemand hindert Sie natürlich daran, sowohl Haaranalysen als auch Screenings vorzulegen, doch das ist nicht erforderlich. Alle Begutachtungsstellen erkennen beide Verfahren als ausreichend an. Da nun aber die einzelnen Verfahren bei unterschiedlichen Drogen unterschiedliche Genauigkeit versprechen, können Sie – wenn Sie optimal den Wünschen der Begutachtungsstelle entsprechen wollen – dort anrufen, sich einen Arzt geben lassen und erfragen, welchen Nachweis man Ihnen empfiehlt. Auf meiner Webseite habe ich wiederholt darauf hingewiesen, dass Sie anhand der qualifizierten oder eben weniger freundlichen Antwort ein Indiz für die Serviceleistung haben und es Ihnen daher freisteht, nur bei einem Institut die Begutachtung in Auftrag zu geben, das Ihnen gerne und kostenfrei Auskunft erteilt.

Die Screenings müssen, damit sie verwertbar sind, forensisch gesicherten Kriterien genügen und das bedeutet im wesentlichen, dass sie nach dem zeitlichen Zufallsprinzip erhoben werden müssen. Für den fraglichen Zeitraum müssen Sie auf Abruf für eine Urinprobe bereitstehen. Wenn Sie ein Jahr Drogenabstinenz nachzuweisen haben, genügen sechs zufällige Urinkontrollen. Bei einem halbjährigen Nachweis wird man Sie viermal einbestellen.

Erinnern Sie sich noch daran, dass die Haaranalyse durch Manipulation boykottiert werden könnte? Dies gilt in gewisser Weise auch für das Drogenscreening. So schön es ist, dass der menschliche Körper bei reichlicher Wasseraufnahme den Ausscheidungsprozess beschleunigt, so gefährlich ist das für die Untersuchung. Denn wenn Sie kurz davor erhebliche Mengen Wasser getrunken haben, wird ein gewisser Kontrollwert – der sog. Kreatininwert – dies herausfinden und dann wird man behaupten, dass Sie das Screening „verwässert“ haben. Fragen Sie am besten den zuständigen Arzt und nicht mich, wie viel Wasser Sie definitiv trinken dürfen oder nicht, wenn Sie die Sauna besuchen. Ich hoffe, er wird es Ihnen sagen können. Doch lassen Sie uns weniger scherzhaft festhalten, dass bei üblicher Trinkmenge eine Verwässerung nicht stattfinden sollte.

Gibt es Unterschiede in der Beurteilung von Haaranalyse und Drogenscreening? Wie ich Ihnen oben schon sagte, werden beide Verfahren anerkannt. Es scheint aber so zu sein, dass dann, wenn Sie keinen rückwirkenden Zeitraum belegen wollen, d.h. soeben erst aufgehört haben, die Drogen zu konsumieren, die Screenings bevorzugt werden, da sie etwas empfindlicher als die Haaranalyse reagieren. Falls Sie sich also gerade erst zur Abstinenz entschlossen haben, kann es das Beste sein, wenn Sie sich sogleich zu einem Zufallsscreening anmelden. Sollten Sie hingegen später erst von der Notwendigkeit des Drogennachweises erfahren haben, schon seit längerer Zeit keine Drogen mehr nehmen und ausreichend Haupthaar haben, werden Sie die Haaranalyse vorziehen. Sie können beide Verfahren dann auch mischen, d.h. etwa bei ganzjähriger Nachweispflicht das erste halbe Jahr per Haaranalyse und das zweite per Screenings nachweisen. Sprechen Sie das mit einem Arzt des MPU-Instituts durch, bei welchem Sie die Begutachtung dann durchführen wollen. Notieren Sie sich den Namen des Arztes und bringen Sie diese Information zur Begutachtung mit, damit Sie dann auf Nachfrage den Sachverhalt darlegen können. Manchmal, doch dies ist meist kostenpflichtig, nehmen Klienten eine Beratungssitzung bei diesem Arzt und erhalten dafür eine schriftliche Notiz, die sie dann natürlich am Tag der Begutachtung vorlegen können.

Fairerweise wollen wir ergänzen, dass bei der heute vorgeschriebenen Trennung von Beratung und Begutachtung diese Möglichkeit in die Ferne rückt, d.h. vermutlich nur telefonisch oder etwa bei einer Urinentnahme ein solches Gespräch möglich ist. Offen bleiben muss auch, ob sich bei einem der kostenlosen Infoabende, die MPU-Institute anbieten, Ihr Fall besprechen lässt.

Zeitraum des Nachweises

Nachdem Sie nun also wissen, wie Sie die Abstinenz nachweisen können, werden Sie mich sicher fragen, welchen Zeitraum des Nachweises Sie erbringen müssen. Und hier kommen wir zu einem Sachverhalt, der ebenfalls in den vergangenen Jahren wiederholt kontrovers diskutiert worden ist und wohl auch in Zukunft Interpretationsspielraum offen lässt. Ich will Ihnen den gegenwärtigen Stand darlegen, doch sogleich darauf hinweisen, dass Sie auf alle Fälle ein persönliches Beratungsgespräch vereinbaren sollten, um Sicherheit zu haben. Denn – gerade im Falle von Cannabis – sind Rechtsprechung und Begutachtungspraxis einem beständigen Wandel unterworfen, was dann auch auf den Mindestnachweiszeitraum sich auswirkt.

1. Schwere Drogen

Beginnen wir mit dem einfachen Fall, den sog. schweren Drogen. Wenn auch hier Unterscheidungen zwischen Partydrogen wie Ecstasy und Drogen mit hohem Suchtpotential wie etwa Heroin oder Crack möglich sind, hat dies für die Begutachtung und Rechtsprechung keine Relevanz. Alle Drogen außer Haschisch werden als „schwer“ eingestuft und bei allen müssen Sie eine einjährige Drogenabstinenz nachweisen. Dabei ist es sogar unerheblich wie oft oder wie viele dieser Drogen Sie konsumiert haben. Ein einmaliger Konsum genügt. Auch ist es nicht erheblich, ob Sie dabei am Straßenverkehr teilgenommen haben oder nicht. Die Fahrerlaubnisbehörde hat das Recht, Ihnen nach Kenntnis des Sachverhalts die Fahrerlaubnis zu entziehen, eine MPU anzuordnen und Sie damit in die einjährige Nachweispflicht zu zwingen.

Natürlich sind Sonderfälle denkbar, etwa der, dass Sie einen erheblichen Konsum von Mohnprodukten geltend machen oder es mag sein, dass Ihr Drogenkonsum schon einen sehr langen Zeitraum zurückliegt und seither Abstinenz behauptet wird. Während wir den ersten Fall nicht wirklich seriös betrachten sollten, lässt sich im zweiten Fall im Gespräch mit der Führerscheinstelle klären, wie vorzugehen ist. Rechnen Sie damit, dass man auf dem Nachweis einer einjährigen Abstinenz bestehen wird. Übrigens muss Ihnen grundsätzlich der Konsum von Drogen nachgewiesen werden. Der Besitz reicht nach gegenwärtiger Rechtsauffassung nicht hin, eine MPU anzuordnen. Auch ist fraglich, ob die Führerscheinstelle legitimiert ist, Sie zur weiteren Abklärung des Sachverhalts zu einem Facharzt zu schicken. Auch hier empfiehlt es sich freilich, die Rechtsentwicklung zu verfolgen und in einem Beratungsgespräch sich zu versichern, denn die Fahrerlaubnisverordnung enthält einen Passus (§14 Abs. 1 S.2 FeV), der bei Drogenbesitz die Anordnung eines solchen Gutachtens erlaubt. Zuletzt dürfen Sie wissen, dass der Konsum nicht medizinisch nachgewiesen werden muss. Wenn Sie bei der polizeilichen Vernehmung oder beim Facharzt einen früheren Drogenkonsum eingeräumt haben, sind die Voraussetzungen zur Anordnung einer MPU erfüllt und damit können Sie sich im Falle der schweren Drogen auf einen einjährigen Abstinenzzeitraum einstellen.

2. Leichte Droge (Haschisch)

Einzig Haschisch nimmt eine Sonderstellung ein. Sie gilt als sog. „leichte“ Droge, was in den vergangenen Jahren zu erheblicher Verwirrung geführt hat. Nach einem frühen Urteil, welches den Besitz geringer Mengen von Haschisch quasi toleriert hatte, vollzog sich wenigstens in der Praxis der Gerichte sowie der Fahrerlaubnisbehörden eine Wandlung. Während einst das Dogma der Abstinenz und der einjährige Nachweiszeitraum als unbestritten galten, kam es nun zu einer Differenzierung. Wie Sie auf der Seite Cannabis und Fahreignung nachlesen können, ist mit einem Urteil des Bayerischen VGH 2017, welches 2019 vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt wurde, aus juristischer Sicht eine Trennung von Haschischkonsum und Fahren ernsthaft erwogen worden, ja: die Fahrerlaubnisbehörden waren gezwungen, im Standardfall eines gelegentlich konsumierenden Ersttäters diese Trennfragestellung den Betroffenen und damit den MPU-Instituten vorzuschreiben. Vorbild war hier das Alkoholmodell der Ordnungswidrigkeit, welches bei geringer Promille ein Trennen von Trinken und Fahren vorsah.

Leider ist die Trennoption – auch das hatten wir auf der soeben empfohlenen Webseite eingehend besprochen – ein juristisches Konstrukt, das in der MPU nicht verfängt. Noch immer steht hier für den Normalkonsumenten die Abstinenzbedingung im Vordergrund, wobei die feinere Betrachtung ergab, dass sich in der Definition von "gelegentlich" und "regelmäßig" zwischen Rechtsprechung und Beurteilung der MPU-Institute eine Diskrepanz auftut, die vermutlich erst in den kommenden Jahren überwunden werden wird.

Denn während beide für den regelmäßigen Konsum eine Drogenabstinenz als notwendig ansehen und nur dem gelegentlichen Konsumenten eine Trennung von Kiffen und Fahren zumuten, ist ungelöst, wer denn nun als regelmäßiger und wer als gelegentlicher Konsumment zu gelten hat. Der Jurist definiert regelmäßig als täglich oder nahezu täglich, was bedeutet, dass Klienten, die fünfmal die Woche oder seltener konsumierten, als gelegentliche Konsumenten gelten und damit Anwärter auf ein Trennen von Kiffen und Fahren sind. Für den Psychologen und Arzt eines MPU-Instituts beginnt die Regelmäßigkeit bei einer Konsumfrequenz von wenigstens zweimal pro Woche irgendwann einmal im Leben. Da ein solches Kiffmuster bei fast allen MPU-Aspiranten vorliegt, findet die Gelegentlichkeit in der MPU praktisch nicht statt. Es stellt sich hier nur die Frage, ob innerhalb der üblicherweise unterstellten Regelmäßigkeit ein leichter oder schwerer Fall vorliegt.

Der schwere Fall tritt für die Gutachter ein, wenn ein über Jahre regelmäßiger Konsum größerer Mengen Haschisch gegeben ist. Bei einem geringeren Konsum ist der leichte Fall zu unterstellen. Sie erkennen mühelos, dass dass diese Grenze unscharf gezogen ist, d.h. enorme Interpretationsspielräume zulässt.

Sie müssen also in der MPU, wenn Sie nicht der seltenen Gruppe des Probierers angehören, als Kiffer Drogenabstinenz nachweisen. Damit bliebt die Frage, welchen Zeitraum Sie nachweisen müssen und welchen Sie optimal nachweisen sollten. Lassen Sie mich abschließend darüber sprechen, damit Sie in der MPU nicht zu den Verlierern gehören und lassen Sie mich vorab kurz auf Entwicklungen eingehen, die manches Alte über den Haufen werfen könnten.

Beurteilungskriterien und Gesetzgebung

Sehr geehrter Leser! In wenigen Tagen treten die neuen Begutachtungsleitlinien zur Fahreignung in Kraft, d.h. jenes Buch, das Ärzte und Psychologen in der MPU bindet, erscheint in neuer, vierter Auflage. Auch ist damit zu rechnen, dass sich in der gesellschaftlichen Beurteilung des Cannabis eine entscheidende Wendung vollzieht, wenn der Konsum dieser Droge unter bestimmten Bedingungen legalisiert wird. Die Auswirkungen dieser Veränderungen sind heute noch nicht abzusehen. Im Gespräch ist eine Anhebung des Grenzwertes aktiver Verkehrsteilnahme unter Cannabis von jetzt 1 ng/ml auf 3 ng/ml. Dies freilich hängt von der Stellungnahme der Wissenschaft sowie dem Kompromiss ab, auf welchen sich die Politik in einer neuen Gesetzesvorlage verständigen kann. Und bei all dem haben wir dann ausreichend Zeit zu beobachten, wie die Gerichte diese neuen Vorgaben interpretieren.

Gegenwärtig gilt folgender Sachverhalt: Bei einem regelmäßigen Konsum, einer mehrfachen Verkehrsteilnahme unter Cannabis oder einer zusätzlichen Verkehrsteilnahme unter Alkohol ist ein Jahr Drogenfreiheit nachzuweisen, wobei wir wiederholt darauf hingewiesen haben, dass der Jurist und die Gutachter = der Arzt und Psychologe einer MPU darunter etwas Anderes verstehen.

Liegt hingegen ein gelegentlicher Konsum vor, wäre die Abstinenz optional. Hier könnte der Betreffende Kiffen und Fahren auch trennen. Die Gerichte und Fahrerlaubnisbehörden sehen diesen Weg vor, die Gutachter prinzipiell auch, doch fehlen die Fälle, die dafür qualifizieren (s. oben). Damit bleibt bis heute in der MPU nur die Abstinenzstrategie übrig, wobei man noch zwischen einer "leichten" und einer "schweren" Form der Regelmäßigkeit unterscheiden kann. Wer über Jahre regelmäßig größere Mengen Cannabis konsumiert, gilt als schwerer Fall und muss ein Jahr Drogenabstinenz nachweisen. Wer hingegen weniger oft kifft, hat auch mit einem halben Jahr belegter Abstinenz Aussicht auf ein positives Gutachten.

Sobald die neuen Kriterien erschienen sind und klar ist, ab wann sie gelten, werden Sie hier den neuen Wissenstand finden. Die Frage, wie diese neue Beurteilung Eingang in die Begutachtungspraxis findet, müssen wir freilich den nächsten Monaten, vielleicht sogar Jahren überlassen. Da ich mich in regelmäßigem Kontakt mit den MPU-Stellen und Gutachtern befinde, möchte ich das hier Geltende, sobald sich Klarheit ergibt, Ihnen nicht vorenthalten. Auch wird es möglich sein, die Bedeutung der THC-Carbonsäure (THC-COOH) zu besprechen, die bekanntlich als Indiz für einen regelmäßigeren Konsum gilt. Bis dahin darf ich Sie auf die Webseite Cannabis und Fahreignung verweisen, wo Sie erste bedeutsame Anhaltspunkte zur Interpretation dieses Parameters nachlesen können.

Ich empfehle, wenn Sie bereits jetzt für die Zukunft planen wollen und vor der Entscheidung stehen, sich auf eine MPU vorzubereiten, dass Sie das Modell der Trennung von Kiffen und Fahren beiseite legen und sofort mit einem Abstinenznachweis beginnen. Falls Sie noch nicht abstinent leben, legen Sie den letzten Joint beiseite und melden Sie sich bei einem halbjährigen Urinkontrollprogramm an. Jeder Tag der Drogenfreiheit arbeitet dann für Sie. In einem halben Jahr können Sie nach Rücksprache mit dem Verkehrspsychologen noch immer entscheiden, ob Sie bereit sind für eine MPU oder ob Sie noch ein weiteres halbes Jahr Drogenabstinenz anhängen wollen. Alternativ können Sie, wenn Ihnen die zeitliche Planbarkeit der Haaranalyse zusagt und sie mindestens 6cm Kopfhaar tragen, nach einem halbem Jahr eine Analyse über diese Haarlänge bzw. diesen Zeitraum vornehmen. Sollten Sie bereits abstinent leben, geben Sie sofort oder, wenn Sie das halbe Jahr erreicht haben, die Analyse in Auftrag.

Sollte es sich tatsächlich so ergeben, dass die Trennung von Kiffen und Fahren ernsthafter auch in der MPU diskutiert wird, haben Sie dennoch keinen Fehler gemacht. Denn die Abstinenz ist bei Drogen – ähnlich wie beim Alkohol – immer der Königsweg zu einer positiven MPU, da Sie mit ihr nachhaltiger ihre Distanzierung vom früheren Leben und ihren kraftvollen Neuanfang belegen können.

In allen Fällen bleibt der Rat, den Sie wiederholt auf dieser Website finden. Kontaktieren Sie einen Verkehrspsychologen und besprechen Sie mit ihm die Möglichkeiten, damit Sie zum einen durch die Unwägbarkeiten der behördlichen MPU-Anordnung kommen, d.h. vielleicht in der Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis günstige Möglichkeiten sich erhalten, zum anderen die MPU bestehen. Wenn Sie diesen Rat befolgen ist es bisweilen möglich, dass Sie die Fahrerlaubnis nie wirklich verlieren, d.h. nach einem Fahrverbot wieder fahren können. Und selbst, wenn sich dieses Ziel nicht erreichen lässt, arbeiten Sie zielstrebig daraufhin, in der der MPU Erfolg zu haben, um baldmöglichst wieder zu fahren. Dabei möchte ich Ihnen gerne zur Seite stehen.

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